Zu diesem Spiel möchte ich Euch von meiner Fußballreise erzählen.
Am Freitag Abend begann mein Dienst in der Nähe von Eichstätt, in einer Gegend, wo sich Fuchs und Hase "gute Nacht" sagen. Die Region nennt sich Altmühltal bzw. Urdonautal und ist ein Paradies für Kletterer. In dem Ort bin ich sozusagen Fan vom örtlichen Fußballverein geworden. Wenn ich sonntags im Dienst bin, die Saison läuft und ich keinen Einsatz habe schaue ich mir die Spiele der SpVgg Wellheim-Konstein an. Der Ehemann von einer Arzthelferin, die mich gelegentlich unterstützt, hat in dem Verein und im Vereinsheim was zu sagen und verhilft mir dazu, daß ich mir dort die Spiele der Roten ansehen kann.
Bis 2.00 Uhr früh hatte ich zu tun. Beim letzten Einsatz habe ich mich mit dem Angehörigen für morgens gegen 8.00 Uhr in der Praxis verabredet, ich vereinbarte mit ihm, daß er sich um halb acht, acht bei mir meldet. Die Idee erwies sich als super, denn ohne seinen Anruf hätte ich verpennt.
Um viertel vor acht war nach guten fünf Stunden Schlaf die Nacht vorbei, ich mußte mich nun schicken, mit dem Angehörigen traf ich mich um kurz nach acht in der Praxis, dort machte ich die sogenannte "orientierende Untersuchung", die mit der Ziffer 32030 abgerechnet wird, ich mußte mir noch Kohle holen bei der Bank unterhalb der Praxis und kurz einkaufen. Um 9.05 Uhr saß ich in meinem Auto und ab ging es in Richtung Eichstätt. Dort las ich einen Handwerker, der sich auf Wanderjahre befand, auf und wir fuhren durch die winterlich schöne Landschaft im Übergang Obernbayern-Mittelfranken und unterhielten uns über Gott und die Welt.
An der Abfahrt Schwäbisch-Hall trennten sich unsere Wege, ich fuhr nun weiter Richtung A61 an der Hoppelheimer Arena vorbei, wo es sofort in meinen Beinen zu kribbeln begann. "Diese Festung werden wir auch noch stürmen," dachte ich.
Die Fahrt lief sensationell gut. Vor zwei Uhr kam ich am Rasthof Bedburg kurz vor MG an. Dort legte ich die kulinarische Grundlage. Zum Stadion ging es fix, in MG war ich im neuen Stadion noch nie zuvor. Am Bökelberg war ich vor zwanzig Jahren. Der Borussenpark ist ein Gebilde aus dem Boden gestampft mit mehrspuriger Zufahrt und hat Parkplätze ohne Ende. Wozu die vielen Parkplätze gut sein sollen weiß ich nicht, vom Europapokal ist die Borussia weite weg und solch ein Publikumsmagnet ist die zweite Liga auch nicht.
Andreas Beck hatte zwei Karten für mich mit, nachdem ich mein Auto abgestellt und meine Siebensachen gepackt, angezogen oder verstaut hatte lief ich los. Da die Vereinsfarben soll gleich sind mußte ich immer genau hinsehen.
Den Gästeeingang konnte ich gut finden und die Karten in Empfang nehmen. Am Eingang hatten einige Leute Probleme mit den Schlitzen für die Eintrittskarten. Drehkreuze als Eingang finde ich furchtbar. Es waren zu wenige Drehkreuze geöffnet. Es kam mir nun gar nicht professionell vor.
Nun ging es zur Leibesvisitation. Meine Tasche mußte ich öffnen, meine VfB-Tüte wurde nicht beachtet, komisch, dann begann die Diskussion um die VfB-Fahne. Im Gegensatz zu Hoppelheim konnte ich mich durchsetzen und die Fahne mitnehmen.
Vom Drumherum war ich ganz zufrieden, Toiletten, Essen, Trinken, war schon ok, es gab Bier mit Alkohol und heißen Kakao.
Zu Beginn war der Block eher leer, er füllte sich allmählich, bekannte Gesichter aus unterschiedlichen Fangruppen waren zu sehen, so insgesamt entwickelte sich eine gute Stimmung. Es wurden Fotos für einen bestimmten Zweck gemacht.
Der Gästeblock in MG ist so lala. Die neongrüne Beleuchtung hinten fand ich schrecklich. Ansonsten wurde es schnell glatt, worauf der Stadionsprecher immer wieder hingewiesen hat. Nachdem mir ein Bier spendiert wurde und ich einen Platz gefunden habe ging es los. Zu Anfang war das Spiel zäh. Man merkte der Borussia den Tabellenplatz an. Wir haben anfangs versucht, das Heft in die Hand zu kriegen, dann hat die Borussia aber mehr Spielanteile bekommen. Leider haben wir im Mittelfeld zu viele Ballverluste gehabt, die Pässe kamen nicht an, unsere Spitzen Schlau und Didier waren oft auf sich alleine gestellt. Interessanterweise haben wir fast alle Kopfballduelle verloren. Die Führung der "Fohlen" kam trotzdem wie aus dem Nichts, denn zwingend waren die Hausherren nicht.
Obwohl die Roten nun auch nicht so den Drang zum gegnerischen Tor hatten, gewann das Spiel weder an Fahrt noch an Klasse und MG tat auch nichts, um die Führung auszubauen. Die Szene mit Bobadilla konnte man von Weitem erahnen. Unser Sergio ist aber auch ein Schlingel!! Nach der RK und dem Halbzeitpfiff war ich zwar angespannt, ich wußte aber, daß die Messe noch nicht gelesen war.
Zur zweiten Hälfte sahen wir nun, enger zusammengerückt, eine engagiertere hannöversche Mannschaft. Es muß eine Halbzeitansprache mit Effekt gegeben haben. Nun gewannen wir allmählich mehr Zweikämpfe und waren aggressiver, dann folgte die zweite Schlüsselszene, die Einwechslung von Mike. Mirko Slomka macht alles richtig. Die Mannschaft hat eine obergeiles abgebrühtes Auftreten, daß man sich die Lippen danach lecken kann. Der Doppelschlag versetzte uns alle in Trance. So ging auch mein langjähriger Wunsch, mit dem Bierfahrer einen Auswärtssieg hautnah mitzuerleben, in Erfüllung. Schöööön! Ich war mir sicher, daß nun genauso wenig anbrennt wir in Mainz. Das Spiel ging zuende, wir hatten uns alle absolut geil lieb, ich für meinen Teil wollte genauso wenig gehen wie in Mainz.
Nachdem nun aber immer mehr Leute gingen, ging ich auch. Tschüß und auf Wiedersehen. Wen man nicht alles trifft!! Plötzlich konnte ich den aussiedler, diesmal dick eingepackt, entdecken, welch freudige Überraschung. Da konnten uns die bedienten Gladbacher so viel anmaulen, machte alles nichts.
Auf dem Stadiongelände konnte ich nun noch auf Bildschirm die Zusammenfassung aus Sky sehen. Um das Stadion herum sind an den Blöcken die Bilder der ehemaligen Stars zu sehen, Vogts, Bruns, Bonhof usw., das machte mich etwas nachdenklich, denn mit Tradition allein kann man sich nichts kaufen. Gladbach hat irgendwann den Anschluß verpaßt und kommt nicht mehr richtig in die Gänge. Da helfen die Bilder der Ex-Stars auch nicht weiter.
Am Schluß gabs noch Bratwurst und Glühwein am Parkplatz, mit dem Benz ging es die gleiche Strecke wieder zurück mit zwei Pausen und an einem kleinen Unfall bei Wiesloch/Rauenberg vorbei, um 23.50 Uhr klingelte nun schon hinter Eichstätt in der Nebelsuppe mein Handy, so daß ich nach meiner Rückkehr punkt Mitternacht gleich den ersten Einsatz hatte und wieder "voll im Dienst" war.
Um 2.00 Uhr war ich im Bett, um 9.00 Uhr gings wieder raus, dann zur Sprechstunde, danach ging ich durch den verschneiten Wald einen Wanderweg zu einer höher gelegenen beleuchteten Kapelle und wieder zurück, es folgte ein Besuch auf dem Wellheimer Weihnachtsmarkt, danach zum Frühstücken, es schneite immer heftiger, der Dienst war ruhig und ging unspektakulär zuende.
Heute morgen bin ich im Schneechaos heim gefahren und freue mich nun auf das eine oder andere Bier!
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