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Klinsmann wird TV-Kommentator bei arena
Hamburg (dpa) - Jürgen Klinsmann hat wieder einmal alle verblüfft. Neun Monate nach seinem Rücktritt als Bundestrainer beendet der Wahl-Amerikaner seinen selbst verordneten Ruhestand und kehrt als Kommentator für den Pay-TV-Sender arena auf die Fußball- Bühne zurück.
«Es ist ein Schritt zurück an den Puls des Fußballs. Das baut wieder eine Brücke nach Europa», sagte Klinsmann in Kalifornien. Der ehemalige Nationalstürmer machte kein Hehl daraus, dass er trotz seines neuen Engagements in der von ihm einst äußerst kritisch beäugten Medienbranche wieder verstärkt auf einen Trainerjob schielt. «Ich bin überzeugt, dass sich beides miteinander verbinden lässt», betonte Klinsmann, der nach einer Knie-Operation derzeit noch auf Krücken geht. Anfragen gebe es mehrere: «Ich bin am Überlegen.»
Einige Top-Adressen der Fußball-Welt hatten schon nach der WM vergeblich um die Dienste des deutschen Sommermärchen-Helden gebuhlt. «Ich hatte viele Angebote, nach der WM wieder nach Europa zu kommen, aber arena ist der erste Partner, der mich inhaltlich überzeugt hat», sagte Klinsmann, ergänzte aber gleich: «Ich bin kein Kritiker. Ich will mehr Hintergründe und Zusammenhänge erklären.»
Mit dem überraschenden Schritt macht der 42-Jährige seinem Namen alle Ehre und beweist wie schon als deutscher Nationalcoach seinen Hang zu ungewöhnlichen Entscheidungen. Für zwei Jahre bindet sich Klinsmann an den Fernsehsender und soll auch bei Werbe-Kampagnen, Film-Drehs und PR-Aktionen im Einsatz sein. Für den neuen Job nimmt Klinsmann auch wieder das Kräfte zehrende Pendeln zwischen den Kontinenten auf. Seinen Wohnsitz am Pazifik wird er dafür nicht aufgeben.
Allerdings schloss er für weitere berufliche Veränderungen einen Umzug zurück nach Europa auch mit seiner Familie nicht mehr aus: «Das kommt darauf an, ob sich etwas ergibt als Trainer.» In den vergangenen zehn Monaten habe er sein «Familienleben wieder normalisiert» nach dem Stress als Bundestrainer, die WM analytisch aufgearbeitet, die spanische Sprache gebüffelt und sich auf verschiedenen Seminaren weitergebildet. Mit der Rückkehr nach Europa rückt der Ex-Bundestrainer nun wieder näher an die Verbände, Clubs und Entscheidungsträger heran, die Planspiele mit Klinsmann möglicherweise schon aufgestellt haben.
Der Weltmeister von 1990 soll für arena bei nationalen wie internationalen Spitzenpartien am Ort des Geschehens seine Spielanalysen machen. Er trete dort als «globaler Fußball-Trendsetter auf, der mit den Stars und Trainern diskutiert, Taktiken untersucht, Spiel- und Leistungsvermögen der Mannschaften mit neuen Analysetools überprüft», hieß es von Seiten des Senders, der neben den Bundesliga-Spielen in der neuen Saison auch die spanische, englische und italienische Liga übertragen wird. Er werde sich davon einige Spiele «herauspicken», sagte der neue TV-Star, der kein Vorbild aus den Reihen der bisherigen TV-Experten wie Netzer, Beckenbauer oder Magath hat.
Klinsmann möchte auch bei seiner neuen Aufgabe anders sein als andere - und dürfte sich das für ihn notwendige Maß an individuellen Freiheiten wie immer vertraglich gesichert haben. «Ich sehe mich nicht als klassischer TV-Experte. Ganz einfach nur als Beobachter, der genauso viel Spaß am Fußball hat wie jeder andere Fan und ich hoffe, die Zuschauer werden interessante Einblicke bekommen», sagte das neue arena-Gesicht. «Ich bin nicht da, um über jemanden zu urteilen», ergänzte Klinsmann.
Arena setzt gezielt auf Klinsmanns Image als Kosmopolit. Entscheidenden Einfluss bei den Gesprächen mit arena, die er seit Februar führte, hatte auch das Zugeständnis des Senders, Klinsmann bei dessen Tätigkeit eine Medien-Plattform für seine Stiftung Agapedia zu gewähren. Der Schwabe unterstützt mit dieser Initiative Kinder in Rumänien, Bulgarien, Moldawien und Deutschland.
Noch in der vergangenen Woche war über ein Interesse des englischen Meisters FC Chelsea berichtet worden. Gesandte von Club- Chef Roman Abramowitsch sollen bei Klinsmann in Kalifornien vorstellig geworden sein. Doch die Millionen des reichen Russen konnten Klinsmann im Gegensatz zum Angebot des TV-Senders nicht aus dem Fußball-Ruhestand locken. «Kein Kommentar», beließ es Klinsmann bei diesem Geheimnis.