Wichtiges Signal und Bauchgefühl Bochum. Zum Stadion an der Castroper Straße sind es für Axel Sundermann zehn Kilometer. Ein Klacks. Doch der nahe liegenden Versuchung wird der 42-Jährige widerstehen: Wenn sich der VfL Bochum und Hannover 96 darum beharken, wer sich auch in der nächsten Saison Bundesligist nennen darf, dann wird Sundermann nicht live dabei sein. Dass dies wirklich daran liegt, dass er keine Eintrittskarte habe, wie er sagt, mag man nicht so recht glauben. Schließlich hat Sundermann vier Jahre das VfL-Trikot getragen, da hätte sich bestimmt ein Weg gefunden. Doch noch länger war der Verteidiger ein 96er: mit 182 Einsätzen in der 1. und 2. Liga zwischen 1989 und 1994. Wohin also mit den Gefühlen, die auf alter Verbundenheit mit zwei Fußballvereinen basieren, in einer solchen brisanten Situation? Sundermann, der Wahl-Bochumer, schlägt sich auf die Seite von 96. „Mein Bauchgefühl sagt mir, dass die Mannschaft zumindest einen Punkt holt“, sagt er. Die „Roten“ würden in der Liga bleiben – und das ohne den Umweg Relegation. „Erwischen wird es den VfL.“ Eine Aussicht, bei der vielen in Hannover das Herz aufgehen dürfte. Dafür, dass Sundermanns Prognose aufgeht, könnte auch ein besonderer Umstand sprechen: Nur wenige kennen sich in Abstiegsfragen aus leidvoller Erfahrung so gut aus wie der frühere Abwehrspieler, der mit dem Pokalsieg 1992 zusammen mit Jörg Sievers und Co. seinen größten sportlichen Erfolg feierte. Allerdings musste er sowohl mit 96 (1989) als auch dem VfL (1999 und 2001) runter in die 2.?Liga – also mit den Klubs, die sich jetzt im Kampf um den Klassenerhalt duellieren. Dass er zwischendurch auch einmal mit dem SC Freiburg abgestiegen ist (1997), der sich vor einer Woche ins Ziel gerettet hat, macht die Angelegenheit noch delikater. Obwohl Sundermann damit aus aktueller Sicht als „Abstiegsexperte“ schlechthin gelten darf, hat er als Profi selbst so eine Konstellation wie diese noch nie erlebt. „Ein Abstieg an sich ist schon schlimm“, sagt er. „Eine Entscheidung erst am letzten Spieltag, das ist furchtbar.“ Und es stimme ihn traurig, dass es jetzt einen von zwei Klubs treffe, für die er mal gespielt hat. Aus seiner Sicht spricht gegen die Bochumer die lange erfolglose Serie, das wirke auf die Psyche. Dass mit Dariusz Wosz nun eine „Kultfigur“ des VfL in der Verantwortung stehe, sei ein bemerkenswertes Zeichen. Sundermann bezweifelt allerdings, dass Wosz in der kurzen Zeit viel bewirken kann. 96 habe mit dem 6:1 gegen Mönchengladbach hingegen ein „wichtiges Signal“ gegeben. „Es wäre viel schwerer geworden, wenn man nach Bochum fahren müsste, um da gewinnen zu müssen“, sagt Sundermann, der sein Geld als Scout der Sportagentur „Extratime“ verdient und nebenbei die B-Junioren des Bochumer Vereins SC?Weitmar 45 trainiert – für die sein Sohn Luca spielt. Für Sundermann bedeutete der erste Abstieg einst das Sprungbrett zur Profikarriere. Der damalige 96-Trainer Reinhard Saftig setzte den Vertragsamateur am Saisonende 1988/1989 siebenmal ein, nachdem sich beizeiten abgezeichnet hatte, dass es die „Roten“ erwischen würde. „Das war meine Chance.“ 96 brauchte damals 13 Jahre, um wieder nach oben zu kommen. Auch ein Grund, am Sonnabend um die letzte Chance zu kämpfen, die sich 96 bietet. 05.05.2010 / HAZ Seite 22 Ressort: SPORT
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