Was läuft schief bei 96?"Strategischer Ansatz"
Eine Strategie ist für mich ein Plan oder Handlungsszenario, dass ein Erreichen mittel- oder langfristiger Ziele dienen sollte. Sklavisches Festhalten an allen Stellschrauben ist mMn nicht zwingend notwendig --- dennoch sollte man seiner Linie (wenn sie denn mit Bedacht und Sachkunde entworfen wurde) festhalten.
-> Bei 96 gibt es halbjährig neue "Strategien". Neue Trainer fordern andere Spieler oder andere Typen. Jeden Winter wird im "Vorgriff zur neuen Saison" irgendein Spieler aus dem Hut gezaubert.
-> Ständig wechselndes Personal (Trainer & Manager) dürfen sich nach Belieben austoben und ihre eigenen Ideen einbringen. Der eine setzt auf Mentalitätsspieler - der andere baut eine Multikultitruppe (
keine politische Kritik) ohne ein Team zu haben und der nächste setzt darauf, dass eine Verständigung auf deutsch durchgehend möglich ist. Konstanz --- das war doch eine Stadt, oder?
"Leitendes Personal"
Für einen Profiklub gelten die gleichen Regelungen wie für einen Wirtschaftsbetrieb:
Konsequentes, zielorientiertes und abgestimmtes Handeln bei klarer Aufgabenteilung.
-> Spötter würden sagen: Das hat 96. Alle Macht bei MK. Alle 6-12 Monate wird konsequent neu auf- und umgebaut. 96 ist halt kein Tanker - sondern ein wendiges Schnellboot.
Für kurze Zeit hatte ich bei dem Engagement von Schmadtke das Gefühl das bei 96 etwas entstehen könnte. Auch mit Aussicht auf die GF. Leider ist das Kartenhaus danach nur noch schneller zusammen gebrochen.
"Nachwuchsförderung"
Die Mehrheit aller Vereine ist sich einig, dass die Förderung des eigenen Nachwuchses und die Entdeckung von jungen Talenten (Scouting) eine wichtige Säule darstellt.
Während früher Entdeckungsreisen nach Brasilien a la Calmund durchgeführt wurden, haben die heutigen/großen Profivereine ein dichtes Netzwerk von eigenen oder freien Mitarbeitern.
Schlimmer noch - die "Kultur" der Farmteams verbunden mit großen Kapitalvermögen lässt das Parken und Entwickeln von Spielern zu.
-> Ja - 96 hat das NLZ neu aufgesetzt. Das ist grundsätzlich richtig und lobenswert. Ansonsten endet die Durchgängigkeit zum Profikader mit gelegentlichen Trainingseinheiten. Ist die Not größer darf hier und da mal ein Talent zum Spielende eingewechselt werden.
-> Wann ist bei 96 das letzte Mal ein Talent groß heraus gekommen (Nach Merte, Addo oder Asamoah oder Zieler)? Spieler wie Halstenberg oder Wolff wollte man nicht. Andere wie Anton mussten aus der wirtschaftlichen Not heraus gehen oder hatten höchst interessante Verträge mit kuriosen Öffnungsklauseln. Das es auch anders geht, haben die Beteiligten Ende der 90er gezeigt. Man muss es nur wollen und die Geduld, aber auch die Skills im Trainerteam mitbringen. Spieler wie Sarenren-Bazee oder Maina will ich hier nicht unterschlagen. Warum ausgerechnet bei uns gefühlt die Verletzungsanfälligkeit der Jungen dann wieder einen Strich durch die Rechnung macht... keine Ahnung.
-> Ich habe nichts gegen Leitwölfe oder ältere Führungsspieler. Nur muss es gefühlt dann gleich ein Altherrenkader sein? Ü30: Esser, Hansen, Ratajczak, Başdaş, Hult, Kaiser, Frantz --- die glorreiche Zukunft werden sie alle nicht darstellen können. Das junge Gemüse dient nur der Kaderauffüllung und sieht sich - gemäß Presse - mit der Ausleihe konfrontiert. Nur - ist schon jemand von dieser Reise besser in den Kader von 96 zurückgekehrt?
Es muss doch einen Grund (oder mehrere) haben, dass sich Spieler, die grundsätzlich Qualität haben hier nicht durchsetzen.
Meine Liste (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) der hoffnungsvollen Talente ist lang: Muslija, Teuchert, Soto, Hansson, Fossum, Gloster, Horn, Dierßen, Bähre, Bech. Sie alle scheiterten, wurden verliehen/abgegeben oder versauerten oder wurden verkannt oder sind der leeren Kasse des Allmächtigen zum Opfer gefallen.
Über die Fraktion der Rumpelfüsse und Spielzerstörer wie aktuell einen Başdaş, die man auch mühelos in der hiesigen 2. oder 3.Liga hätten finden können, schweige ich mich aus.
"Transferbilanz"
Eine erfolgreiche Transferbilanz korreliert zumeist mit einer erfolgreichen Saison.
Sollte dieses These stimmen - dann ist und war bei 96 schon länger die Bilanz negativ.
Aus unterschiedlichen Gründen ist aktuell kein Geld für echte Verstärkungen da (wenn man diese denn überhaupt finden/erkennen würde). Aber selbst wenn das Konto gut gefüllt war, häufen sich Entscheidungen a la Franca, Erdinc und Jonathas. Transfers, die überbordend viel Budget verschlingen und total floppen. Viel schlimmer finde ich aber noch die völlige Unfähigkeit gute Verkäufe (Zeitpunkt & Ablöse) zu realisieren. 96 ist nicht der Nabel der Welt - Spieler, die aufgrund ihres Potenzials nicht gehalten werden können, wird es immer wieder geben. Aber warum klappt nicht einmal das Versilbern ? Siehe Zieler, Füllkrug, Joselu, Bebou, Walace, Sareren-Bazee etc...
Die Leihe von Spielern ist sicherlich ein Instrument, dessen man sich bedienen kann und darf.
Doch schlußendlich war bei starken Leihkräften keine Möglichkeit der Verpflichtung (Ablöse zu hoch, Budget zu klein) oder schlicht keine Option vertraglich gegeben. Andere floppten einfach... In Summe kein Fortschritt.
"Wirtschaftliche Strahlkraft"
Grundsätzlich hat 96 im Herzen von Niederachsen eine hervorragende Position.
Leider wird sie nicht ansatzweise genutzt. Mittlerweile winken ja selbst die Werbeträger dankend ab. Covid 19 tut sein Übriges. Ich würde mich nicht wundern, wenn in der nächsten Saison "Kind Hörgeräte" oder "Rossmann" für kleines Geld als Trikotsponsor herhalten würden.
In meiner Heimat (LK Nienburg) läuft Werder 96 klar den Rang ab. Bezeichnend.
Mein Fazit:
Wie viele andere muss auch ich zusammenfassend festhalten, dass es bei allen aufgeführten Punkten eine konstante Verantwortlichkeit gab: Martin Kind.
Viele Manager und Trainer durften sich probieren. Dennoch war ihr Handeln abhängig von der Gnade des Mehrheitsgesellschafters.
Zweifelsohne wird es daher erst nach umfassender Veränderung des Konstruktes - sei es durch andere Beteiligte im Kreis der Gesellschafter oder aber durch eine weniger wahrscheinliche Rückabwicklung in Teilen des Konstruktes - eine Zukunft geben, die mehr Anlaß zur Hoffnung gibt.
Allein die Gründe für einen Verzicht seitens MK auf das lieb gewonnene Spielzeug 96 fehlen mir. Geld kostet es nicht - im Gegenteil.
Wer würde von uns nicht gerne "Fußball-Manager" live und in echt spielen...
Ich erhebe keinesfalls den Anspruch auf Vollständigkeit oder umfassende Richtigkeit aller Details. Gerade einzelne Spieler und ihre Leistung wird jeder unterschiedlich beurteilen wollen.
Mir fällt auf das ich IHN vergessen habe - aber dann werde selbst ich melancholisch.