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 Reiseberichte aus Sevilla und von der Vierschanzen-Tournee Moderations-Bereich
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 Betreff des Beitrags: Re: Reiseberichte aus Sevilla
BeitragVerfasst: 31.08.2011 00:38 
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Larsemann96 :nuke: :nuke: :nuke:

Ihr habt die Gruppenphase wahrlich verdient.

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 Betreff des Beitrags: Re: Reiseberichte aus Sevilla
BeitragVerfasst: 31.08.2011 06:53 
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@Larsemann96, genialer Reisebericht, vielen Dank dafür. :nuke: :fan:

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Neuaufbau einer echten Mannschaft!


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 Betreff des Beitrags: Re: Reiseberichte aus Sevilla
BeitragVerfasst: 31.08.2011 09:14 
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Grandios, Larsemann. Der Zwischenstopp auf dem Rückweg hat mir Tränen in die Augen getrieben!!! :laugh: :laugh: :nuke:

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 Betreff des Beitrags: Re: Reiseberichte aus Sevilla
BeitragVerfasst: 31.08.2011 22:42 
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Un viaje epico – ein andalusisches Sommermärchen

Ausgangslage:
Eine Reisegruppe von drei Personen plant eine Tour d'Europe mit dem Ziel Sevilla in Spanien. Es handelt sich um ein Projekt der Kategorie Forschung und Entwicklung mit sozialethischen und fußballgesellschaftspolitischen Aspekten.

Die Reise:
Unsere (Hen, Aleks und ich) Reise beginnt im April 2011. Genau genommen am Osterwochenende. Nach einem wunderbaren 3:1 in Freiburg und den anderen Ergebnissen des Wochenendes waren die Roten uneinholbar europäisch qualifiziert. Wir saßen ein paar Tage später irgendwo in Hannover und stellten fest: „Egal wohin, wir sind dabei!“ Gesagt, getan. Nachdem es dann der vierte Platz und somit nur eine Qualifikationsrunde wurde, zählten wir die Tage bis zum 5.8.2011 – Tag der Auslosung zum Playoff-Finale der Europa League.
Extra Urlaub genommen, die Nacht vor der Auslosung schon vor Aufregung nicht viel geschlafen, trafen wir uns zum gemeinsamen Einstimmen auf die Reise. Ziel des Tages war die Buchung der Reise zum Zielort.
Dann ging’s los. Ziehung der Lottozahlen, unendlich lange. Als die Lostöpfe immer leerer wurden, war irgendwie klar – es wird Sevilla. Und es wurde Sevilla. Wir waren zu viert im Zimmer. Alle standen ratlos da. Hen war der erste, der reagiert hat. „Los, Rechner an, Flüge buchen!“ schrie er durchs Zimmer. Los gings, swoodoo, tuifly, germanwings, airberlin – dort noch ein paar verfügbare Plätze, aber irgendwie noch nicht so das richtige…. Und dann wars zu spät – Peng. Alles Weg. Alle Flieger ratzekahl leergekauft. Also musste eine Alternativroute her. Und die wurde dann recht speziell…

Tanne ist ab Sonntagabend, dem Heimspiel gegen Hertha BSC unterwegs. Ausm Stadion raus, Mietwagen abholen, nach Bonn, von dort aus Montag abend nach Stuttgart und weitere Umgebung und dann dort am Mittwoch Hen am Bahnhof eingesammelt. Im Hotel eingecheckt und noch ne Kleinigkeit Essen gegangen. Um halb zehn im Bett, wir mussten um viertel nach vier raus…. An Schlaf war nicht zu denken. Um viertel vor fünf zum Flughafen Stuttgart, den Dritten im Bunde eingesammelt. Der war in der Nacht im Mietwagen von Hannover nach Stuttgart gebrettert. Nochn Kaffee, in den Flieger und ab gings….

In Palma umgestiegen, dort schon ne große rote Fraktion im Flughafen getroffen, die sich lautstark bemerkbar gemacht hat. Weiterflug nach Madrid, ohne große Probleme. Von Madrid gings per AVE, dem spanischen ICE in ziemlich genau 2,5 Stunden weiter nach Sevilla. Dort schnell im Hotel eingecheckt und direkt zum Stadion weitergezogen, um die hinterlegten Karten abzuholen. Jeder dort rumstehende Spanier versuchte, Tickets an den Mann zu bringen. Die Karten dem Stärksten unserer Gruppe anvertraut, sie mit seinem Leben zu verteidigen.
Dann weiter in die Altstadt, um an der Kathedrale das rote Spektakel zu bewundern. Unfassbar schöne Altstadt, wunderbares Wetter, nette Menschen überall, leckeres Bierchen. Langsam wurde es kribbelig, es ging auf 18.00 Uhr zu, auf dem Weg zum Stadion noch einen Abstecher in eine Tapas-Bar gemacht, Elfi, seinen Kumpel, maVin und Bemeh getroffen. Auf dem Weg zum Stadion trennten sich die Wege, da wir auf die Tribüne wollten…

Das Stadion macht einen imposanten Eindruck, spartanisch, steil, südländisch eben. Man merkte sofort die gesellschaftlichen Unterschiede zwischen Spanien und Deutschland. Während die Heimzuschauer recht spät ins Stadion kamen, konnte man vorher die roten Zugereisten über das ganze Stadion verteilt gut sehen, quasi per Winkzeichen begrüßen. Die Nervosität stieg sekündlich, der Gästeblock machte sich mehrmals bemerkbar, vor allem als Zieler zum Warmmachen herauskam… Noch waren ja nur wenig Sevillista anwesend… Die machten dann aber richtig Lärm und kurz vor Spielbeginn wars ein richtiger Kessel. Und wir mitten drin. Das geflügelte Wort des Abends wurde ein leises „Alter, was machen wir hier eigentlich?“. Wir haben weder beim 0:1 sichtbar gejubelt, noch beim 1:1 hörbar geflucht, noch bei der roten Karte hämisch gewunken. Einfach nur gesessen und gelitten. Und genossen. Das war im Fußball neben dem Wiederaufstieg in Liga 2 bzw. 1 und das Finale in Bochum im Mai 2010 das intensivste, das ich im Fussball je erleben durfte. Einfach unbeschreiblich…

Und dann wars vorbei, und wir waren auch noch weiter…. Unfassbare Bilder, Gedanken, Emotionen, Eindrücke die man da mitnimmt. Raus ausm Stadion, rein inne Bar, göttliche Tapas und leckeres Bier bestellt und den Abend einfach nur genossen. Es gesellten sich immer mal ein paar Sevilla-Fans getroffen, die uns beglückwünscht haben.

Am nächsten Morgen noch mit ein paar Utensilien im Fan-Shop eingedeckt, bei über 30 Grad lecker gefrühstückt, mit jeder erdenklichen spanischen Tages- und Sportzeitung eingedeckt und dann auf den Heimweg gemacht. Im Zug nach Madrid den Kronsberger getroffen, in Spaniens wunderschöner Hauptstadt ein paar Straßenzüge mitgenommen, gegessen und zum Flughafen gefahren. Auf dem Heimweg den Erreichungsgrad der Projektziele noch mal gecheckt, die im Wesentlichen aus
- Erweiterung des Fußballphrasen-Wortschatzes um Mindestens 1.500% und
- Verringerung des dauerhaften akademischen Wortschatzes um mindestens 5%
bestanden. Alles tutti! Im Flieger der letzten Etappe den Kicker von vorm Spiel noch mal gelesen. Hm, ob wir weiterkommen? Wird schwer… Buuuuaaaaaahhhhaaaaaaaah!

In Hamburg gelandet, von dort aus mitm Auto nach Hannover gefahren, die Reisegruppe abgeladen. Um 3 im Bett gewesen. Um 7 wieder hochgeschreckt….. GRUPPENPHASE.

The party goes wider….

Das Gesamtfazit:
In Summe keine 10 Stunden in 3 Nächten geschlafen, von den Frauen belächelt, weil wir uns wie kleine Jungen auf unsere erste Klassenfahrt gefreut haben – und sonst? Alle Flieger waren pünktlich, genauso die Züge, Mietwagen ok, Hotel top, Essen wunderbar, Bier lecker, Wetter galaktisch, Sevilla wunderschön, Spiel der Hammer, alles geilomatico.

Mein Dank an alle Protagonisten dieser Fahrt, die einen Platz in der Ahnengalerie der Auswärtsreisen bekommt. Und mein Dank an alle, die zum Ende des Berichts durchgehalten haben


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 Betreff des Beitrags: Re: Reiseberichte aus Sevilla
BeitragVerfasst: 31.08.2011 22:49 

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Schön, einfach nur schön!


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 Betreff des Beitrags: Re: Reiseberichte aus Sevilla
BeitragVerfasst: 01.09.2011 09:16 
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Tanne hat geschrieben:
Mein Dank an alle Protagonisten dieser Fahrt, die einen Platz in der Ahnengalerie der Auswärtsreisen bekommt. Und mein Dank an alle, die zum Ende des Berichts durchgehalten haben


Und mein Dank geht an alle mehr oder weniger Verrückten, die diese wunderbaren Berichte verfasst haben. Einige habe ich schon vier-, fünfmal gelesen.

Muchas gracias!!

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"Nein. Irgendjemand von einem Bratfett-Preisausschreiben."
"Ach." (Loriot)


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 Betreff des Beitrags: Re: Reiseberichte aus Sevilla
BeitragVerfasst: 01.09.2011 11:04 

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Was ich auch nie vergessen werde, passierte im Rahmen dieses Zusammentreffens:

El Filigrano hat geschrieben:
Als die Altstadt-Kneipen Schicht machten und wir gerade ins Hotel wollten, hörten wir von irgendwo her doch noch Krach, was aber gar kein Krach, sondern unsere Kampf-Choräle waren. Auf der Straße feierten Dutzende von Leuten in roten, weinroten, goldenen, weißen, grünen und grün-weißen Trikots. Der Zapfhahn wurde gar nicht mehr abgestellt.


Ab und an schlängelte sich auch ein Auto durch eine schmale Gasse und kam dann direkt an den Feiernden vorbei.

Es folgte ein immer lauter werdendes "oooooooooooooOOOOOOOOOOO". War das Fahrzeug dann genau auf Höhe tanzten die Leute um es herum und der Gesang ging über in ein "Haaaaaaannover 96 - Hannover 96 - Hannover 96 - Hannover HSV!!!"

So wurde jedes Gefährt abgefeiert. Sogar die Müllabfuhr. Unvergessliche Bilder.


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 Betreff des Beitrags: Re: Reiseberichte aus Sevilla
BeitragVerfasst: 15.09.2011 11:16 
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War selber leider nicht in Sevilla.
Danke an alle für Ihre Berichte.
Bin vorm TV vor Aufregung fast gestorben, aber das hier geschilderte ist nicht zu toppen. :dance:

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Zur Fankultur gehört das Leiden und der Mißerfolg zwingend dazu,
weil man sich sonst nicht über das Erreichte freuen kann.
Zitat von Roter Dortmunder


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 Betreff des Beitrags: Re: Reiseberichte aus Sevilla
BeitragVerfasst: 22.09.2011 10:42 

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danke! gut geschrieben :nuke:


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 Betreff des Beitrags: Re: Reiseberichte aus Sevilla
BeitragVerfasst: 23.09.2011 09:36 
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Freu mich jetzt schon auf die Reiseberichte aus Poltawa!! Sollte man diesen Thread nicht umbenennen in "Reiseberichte von den Auswärtsspielen" oder so?!

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 Betreff des Beitrags: Re: Reiseberichte aus Sevilla
BeitragVerfasst: 23.09.2011 11:20 
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Patches.o.Houlihan hat geschrieben:
Freu mich jetzt schon auf die Reiseberichte aus Poltawa!! Sollte man diesen Thread nicht umbenennen in "Reiseberichte von den Auswärtsspielen" oder so?!



Gute Idee. Ist umgesetzt worden.

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 Betreff des Beitrags: Re: Reiseberichte aus Sevilla und von der Vierschanzen-Tourn
BeitragVerfasst: 23.09.2011 11:30 
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Von mir wird es auch noch bei Gelegenheit einen leider verspäteten Reisebericht geben. Nach der Rückkehr aus Sevilla gingen bei mir die "Reisen" beruflich und fußballtechnisch weiter und dann mußte ich ja auch meinen Schreibtischberg verkleinern. Bitte um Nachsicht, danke!


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 Betreff des Beitrags: Re: Reiseberichte aus Sevilla und von der Vierschanzen-Tourn
BeitragVerfasst: 23.09.2011 15:28 
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#1893
Das hat mich nun aber auch verwundert nichts von Dir zu lesen :bubble:

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 Betreff des Beitrags: Re: Reiseberichte aus Sevilla und von der Vierschanzen-Tourn
BeitragVerfasst: 23.09.2011 15:45 
Einen größeren Schreibtisch hast du nicht, Susi? :D


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 Betreff des Beitrags: Re: Reiseberichte aus Sevilla und von der Vierschanzen-Tourn
BeitragVerfasst: 30.09.2011 11:43 
✝ Unvergessen
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Bekanntlich gibt es drei Dinge, die ein Mann in seinem Leben tun sollte: Einen Sohn pflanzen, einen Baum bauen und ein Haus zeugen. Wenn das vorschriftsmäßig erledigt ist, darf man auch auf längere Auswärtsfahrten mit.

Nach einem überaus erfolgreichen Besuch im Südwesten ging es jetzt also in den tiefen Osten unseres Kontinents. Wobei das Unfug ist. Denn wo die Mitte ist, kann nicht der Osten sein und schon gar nicht der tiefe. Waschechte Wiener k.u.k-Wissenschaftler haben einst ausgerechnet, dass der geografische Mittelpunkt Europas in der Ukraine zu finden ist. Hätte ich jetzt so auch nicht gedacht. Aber klar: Hinter der Ukraine liegt noch jede Menge Russland, das dauert ganz schön bis zum Ural.

Als sich im Frühjahr eine rote Herbsttour so langsam abzeichnete, hatten wir uns beim Analysebier in die freie Hand versprochen, dass wir überall hin mitfahren würden, auch wenn es gegen Dnjepr Dnjepropetrowsk gehen sollte. Weiter reichte unsere Phantasie nicht.

Nun ist zwar Poltawa einen Tuck weniger weiter weg als Dnjepropetrowsk, doch der Charkower Flughafen östlich vom Stadion unseres Gruppenphasengegners Worskla. Insofern ist Poltawa irgendwie doch weiter weg als Dnjepropetrowsk – und das mag der Grund sein (neben den beruflichen, familiären und sonstigen Erfordernissen), dass im Unterschied zu Sevilla niemand von den Analysebiertrinkern mit von der Partie sein konnte.

El Filigrano sollte aber trotzdem nicht allein in Poltawa herumirren, denn 1893 deutete schon vorab dezent an, vor Ort präsent zu sein. Und dann war da ja noch die Horde der übrigen Bekloppten, die sich am Donnerstag in Langenhagen sammelte, um in den 12.59 Uhr startenden Air-Berlin-Flieger zu krabbeln. Die Flugnummer lautet AB1096, eine sehr schöne Nummer und zugleich ein tendenzieller, omenartiger Hinweis auf das zu erwartende Ergebnis.

Auf der Homepage unseres Lieblingsvereins waren freundlicherweise ein paar Reisehinweise eingestellt. Da wurde dann gewarnt vor „Übergriffen gegenüber Ausländern“, Gepäckdiebstahl“, „Trickdieben“, korrupten Polizei-, Grenzschutz- und Zollbeamten, außerdem sollte die Kreditkarte nie „aus den Augen gelassen“ werden. Hier im Forum wurden die überaus fürsorglichen Ratschläge ebenso angemessen diskutiert wie danach vom HAZ-Platzwart.

Aufgrund dieser Warnungen hätte ich gewettet, dass der Plempen-Verkauf am Steintor einen Boom erleben würde. Hat er aber nicht. Jedenfalls habe ich bei keinem meiner Mitflieger verdächtige ausgebeulte Taschen ausmachen können.

Die übrigen Bekloppten bestehen zu rund 85 Prozent aus Männern, leider scheint sich Damenwelt etwas zurückgehalten zu haben. Auch der Altersdurchschnitt liegt wesentlich höher als zum Beispiel in Sevilla, vor allem viele 40- und 50ender sind mit von der Partie.

Kurz vor dem Einchecken überrascht der Reiseveranstalters Terminal Eins die rote Combo: Es werden Worskla-96-Mixschals verteilt – eine nette Geste. (Ich habe mir das Teil aber trotzdem nur eingesteckt und nicht umgehängt, denn mein von meinem alten Mütterlein einst selbstgestrickter Schal ist mir Masche für Masche heilig.)

Der Kapitän teilt uns mit, dass er unser Kapitän sei, obwohl er nicht Cherundolo heiße. Irgendwo über Polen greift der Kapitän erneut zum Mikro und intoniert
über die Bordlautsprecher:
Erste Runde Bukarest, zweite Runde Rom –
Die zweite Zeile hört man den Kapitän schon gar nicht mehr, die Fluggäste übernehmen:
in Kopenhagen schellt das Telefon,
vielleicht nach Rotterdam,
vielleicht nach Mailand,
vielleicht auch Teneriffa
eine Woche Sandstrand!
Europapokal, Europapokal…

Die Stewardessen tänzeln unterdessen in 96-Schals und schwarz-weiß-grünen Papierhalskettchen herum und übernehmen die Bierausgabe. Die Leute sind gut drauf, stehen in kleinen Grüppchen im Gang herum, diskutieren die Lage. Ab und an erschallt ein fröhlich Liedlein, vereinzelt sind sogar die mir sehr lieben uralten Kamellen aus den 70ern zu hören. (Dass „Und wir steigen wieder auf, hallelujah“ heutzutage etwas deplatziert wirkt, weiß ich selber.)

Die Zeit vergeht sozusagen wie im Fluge, kleiner Scherrrz, und schon beginnt nach zweieinhalb Stunden der Sinkflug. Der Kapitän weist auf die Pistenverhältnisse in Charkow hin prognostiziert eine sehr holprige Landung. Sofort reagiert die rote Anhängerschaft mit einem
Europapokal - Vierschanzentournee

Nach dem Ausrollen ein letztes Mal der Kapitän: „Parking position. Steht auf, wenn ihr Rote seid!“

Unsere drei Busse starten mit Sicht auf ein wuchtig in Stein gehauenes Fliegerdenkmal aus sowjetischen Zeiten, der Busfahrer hat ein zu seinem und seiner Passagiere Schutz Marienbildchen auf die Sonnenblende gepappt. Der 140-Kilometer-Transfer nach Poltawa dauert länger als der Flug, netto über drei Stunden, dazu kommen noch Pinkel- sowie Auftankpausen

- und ein Auftritt der Sicherheitskräfte. Ein Sicherheitsorgan begrüßt uns sehr herzlich, ein anderes Organ übersetzt. Es werden Zettel mit Verhaltensregeln verteilt. Wir werden u.a. darüber informiert, dass die Zuschauer „verpflichtet sind Ruhe zu halten“ und das das „Mitnehmen beliebiger Schleudermechanismen und –objekte“ streng verboten sei.

Es folgt eine persönliche Premiere. Bis dahin ist noch nie im Leben auf einer Auswärtsfahrt ein Polizeiwagen mit Blaulicht (partiell) vor mir hergefahren. Man fühlt sich richtig wichtig.

In Poltawa ist es ziemlich kalt (so um die zehn Grad), dazu ein blöder Wind. Aber wenigstens hat es aufgehört zu regnen. Laut Wetterbericht sollte es 15 bis 20 Grad und sonnig sein. Wobei sonnig eh Quatsch ist, denn die Dämmerung beginnt kurz nach sechs Uhr.

Vor dem Stadion treffe ich 1893, die schon einen Tag da ist und infolgedessen jeden der 300.000 Einwohner persönlich kennt. 1893 lotst mich in eine Art Sportkneipe, es ist pickepacke voll, dennoch sitzen wir nach einer Minute an einem Tisch mit zwei Sergejs. Sergej I hat mal in München gearbeitet, kennt Augsburg und fand unsere Leistung gegen den FCA blamabel. Dank 1893s Russischkenntnisse kriegen wir so etwas Ähnliches wie eine Unterhaltung hin. Und ab ins Stadion.

Na ja, habt ihr ja im TV gesehen, das Bauwerk. Bemerkenswert allerdings die Toiletten. Ich habe noch nie in meinem Fanleben solche Toiletten gesehen – und ich habe einige gesehen. Keine Ironie: Gefliest und gekachelt, das es eine wahre Pracht ist. Sieben Sterne auf der Fünf-Sterne-Skala.

Zum Spiel möchte ich hier nicht groß was sagen. Ich glaube jedoch, dass einige von uns zu hart mit der Mannschaft umgehen. Eingeräumt sei allerdings: In der zweiten Halbzeit denke ich mehrfach: Wo bin ich hier eigentlich, was soll das denn? Herrjemine. Egal, drei Punkte.

Der Rückflug startet etwas verspätet, der Kapitän brauchte zwei Stunden, um Kerosin zu bekommen. Die Charkower Flughafenleitung wollte Cash sehen, das ist allerdings international unüblich, zudem hat die Air-Berlin-Crew leider nicht soviel Geld eingesteckt. Auch egal, morgens zum Frühstück sind wir wieder in der schönsten Stadt der Welt.

So, fertig – ihr wisst ja: Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über. Insofern Sorry für den wenig strukturierten Beitrag, es ist halt mehr etwas Assoziatives rausgekommen. Und jetzt wird gepennt.

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„Dass wir den Aufstieg nicht schaffen, wird nicht passieren." Martin Kind


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 Betreff des Beitrags: Re: Reiseberichte aus Sevilla und von der Vierschanzen-Tourn
BeitragVerfasst: 30.09.2011 11:58 
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Klasse Bericht!

Danke dafür...

:fan:


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 Betreff des Beitrags: Re: Reiseberichte aus Sevilla und von der Vierschanzen-Tourn
BeitragVerfasst: 30.09.2011 12:32 

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Vielen Dank für Deinen Bericht, El Filigrano! Sehr schön :D
Ich kann gar nicht genug von solchen Berichten bekommen - freue mich schon auf meine eigene Kopenhagen- und Lüttichreise :fan:


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 Betreff des Beitrags: Re: Reiseberichte aus Sevilla und von der Vierschanzen-Tourn
BeitragVerfasst: 30.09.2011 12:40 
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Schöner Bericht.
Danke :nuke: :nuke:

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Zitat von Roter Dortmunder


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 Betreff des Beitrags: Re: Reiseberichte aus Sevilla und von der Vierschanzen-Tourn
BeitragVerfasst: 30.09.2011 12:52 

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Toller Bericht El Filigrano!
Ich werde es leider nur nach Kopenhagen schaffen, darauf freue ich mich aber auch!
Der Flugkapitän war ja wohl super! Respekt vor so viel Humor!


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 Betreff des Beitrags: Re: Reiseberichte aus Sevilla und von der Vierschanzen-Tourn
BeitragVerfasst: 30.09.2011 13:16 
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Immer wenn ich einen so tollen Bericht lese, schlagen zwei Herzen in meiner Brust: "Danke, dass Ihr mich teilhaben lasst" und "Schade, dass ich nicht dabei war."

In diesem Sinne: Europapokal, Vierschanzentournee...


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