Bin mir nicht komplett sicher ob es passt, aber ich lad' es mal hier ab.
Meine Zeit als Roter begann in den 60ern. Erst Stehplätze, wie es grad so kam, dann mit Vitamin B auch schon mal hart gesessen. Später dann jahrelang Dauerkarte, Gegengerade überdacht, Block K39, Höhe Mittellinie. In Rufweite des Biertresens und etwas oberhalb der kleinen Kamerabox, diesem trapezförmigen Betongebilde, wo so Leute wie Wonti, Töppi und auch Helmut Poppen, Peter Jensen und Fritz Klein rumtaperten. Auf dem Weg zum Stadion haben wir in unserer Gruppe uns immer gegenseitig Mut gemacht, dass es einen knackigen Heimsieg gibt. Das war ein Ritual und hielt Jahrzehnte. Es lief so, wie die Bierchen danach, dass man sich erstmal freute, wenn ein Verletzter zurück war. Wichtig war auch immer der Blick auf die zahlende Zuschauerzahl, weil uns sehr am Herzen lag, das Kohle in die leere Kasse kam.
Man wollte ja gern immer wieder mal so einen wie den Marcel Raducano, der hier zwar fest zugesagt hatte, aber dann doch der schwattgelben Kohle aus dem Ruhrpott erlegen war. Schawamm drübber, man hatte zu jeder Zeit, in jeder Epoche, seine Lieblinge und Faustpfande, auf die man zählte. Selbst als es gegen Herzlake und Norderstedt ging, war man dabei und bejodelte reichlich Tore. Gerald, Otto, Babacar, Kreso und Milo und natürlich der Fußballgott, man hatte sie einfach lieb.
Torleute hatten die Roten auch, sogar einige richtig Gute. Mein Liebling, obwohl mit einigen temporären Schwächen behaftet, war Jumbo. Der flog soo spektakulär und natürlich der unvergessene Robert und Jörg der Pokalheld, ganz klar. Es gab aber auch einige Kameraden vom Stamm der Fliegenfänger. Einer von denen war ein gewisser Hillmann, auch der Flutlicht-Meier war für Klopse gut.
Mut- und Spaßmacher waren ganz früher z.b. Rodekamp, Keller, Skoblar, Siemensmeyer und Reimann. Dann gab es den Langen, den Reich, auch Frank Hartmann hat etliche Dinger versenkt. Da waren noch weitere Knipser und Vollstrecker, im Vergleich zu unserer aktuellen Sturmschicht, Marke lauer Lufthauch, waren das Twister, Taifune, Hurrikans und Zyklone. Der wendige und abschlusssichere Fredy hat mir ne Weile ganz besonders Freude gemacht. Der hatte einen Auftrag - und den hat er erfüllt. Bingo !
Die Kanten in der Abwehr, Peter Anders, Eddy Bandura, die haben zig Spiele für die Roten abgeliefert, weil die so ultraschnelle Vereinshopperei noch nicht in Mode war. Heute sind ja Verträge eher reine Makulatur, so ne Art Empfehlung, scheint mir, so nach dem Genre: was kümmert mich meine Unterschrift und Zusage von gestern ?
Mit Jannemann und Jiri gab es zwei ganz Geniale ... manchmal auch der Nebojsa ... Ausnahmen bestätigen da nur die Regel. Der kleine Wusel Szabolcs darf nicht unerwähnt bleiben, der hatte ein Zauberfüßchen und konnte nicht nur "Ölwer versenken" Es waren schon etliche Burschen dabei, die etwas mit der Pille anzufangen wussten, etwas was zählte, weil es sich in der Tabelle niederschlug, was uns sogar nach Europa führte.
Auf jeden Fall hatte man immer mal wieder ein paar Mut- und Muntermacher in der Pipeline, die vorher bereits bewiesen hatten, dass sie den Unterschied ausmachen können. Wo sind solche Individuen heute ? Hannover hat doch ein super ausgebautes Autobahnnetz, aber die rauschen hier alle ungebremst vorbei. Gut, ab und an dölmert einer mit dem Drahtesel an der MKA vorbei, den reißt man dann euphorisch vom Rad in der irrigen Hoffnung, er könne uns verstärken. Dass Billigheimer - wer ist das schon, die fegen ja in einem Monat immer noch mehr ab, als ne Pflegekraft im vollen Jahr - schlussendlich auch derbe das Budget belasten, ist uns allen doch bekannt.
Ich kann nicht alle Jungs erwähnen, zumal ich aus dem Stehgreif schreibe, da wird der ein oder andere Virtuose durchrutschen. 96 hatte Zeiten, da war man was, auch wenn die ganz große Sause hier nie stattgefunden hat, konnte man doch mal einen deutschen Pokal ergattern und Europa kurz aufhorchen lassen. Da sind wir dann beim Larsemann, schade dass man so einen eben hier nicht halten kann.
Früher wurden auch Tore geschossen, es gab dafür extra eine Musik, die dann losdröhnte. Man hatte gewisse Spezialisten im Kader, manche konnten aus der zweiten Reihe ballern, dass es dem Keeper auf der anderen Seite förmlich die Griffel wegriss. Doch Viniciüsse, Tarnats und Pintos wachsen nicht nach, so muss man konstatieren, dass viel zu selten aus der Distanz gefeuert wird. Das kann man sogar nachvollziehen, das Gros der Riege kann es einfach nicht, also lässt man es weitgehend, bis auch Ondoua, gleich ganz sein. Nach den diversen Fehlversuchen vom Gaël wurde mir schnell klar, warum sich bei Heimspielen von 96 alle Maschseemöven verkrümeln. Die sind weit weg am Annateich und Silbersee, wo sie nicht Gefahr laufen von ner wildgewordenen außer Kontrolle geratenen Lederkugel abgeschossen zu werden.
Manche konnten die Pille auch mit ihrer Langhaar-Omme einnetzen und so mancher gewann seine Einszueins-Duelle in schöner Regelmäßigkeit. Man kam als Anhänger immer mal wieder in den Genuss, zu jodeln, bölken und die Zunge schnalzen zu lassen - in Summe allerdings auch damals schon zu wenig..
Ok, da kippte so manches Bier schon um und dem sitzenden Vordermann voll in die Stiefel, doch Schwund ist bei jeder Sache. .... und heute ?? Alles sooo lange her, das ist inzwischen fast exotisch, da braucht es Trüffelschweine und spezielle Spürhunde und selbst die winken ab, resignieren dabei und holen sich'n Burnout..
Ein Wort zu den vielen Präsidenten ? Nö, lieber nicht, doch die vielen, vielen Trainer sollen nicht zu kurz kommen. Es waren reichlich Luschen dabei und hoffnungslos Überforderte, aber ich habe auch nicht vergessen, das es einige richtig gute Übungsleiter gab. Rangnick tut wohl jeder Mannschaft gut, doch die Zeiten, wo etwas in dieser Preis und Güteklasse machbar ist, sind wohl in Hannover allemal passé.
Tormusik, Anzeigetafeln kannste heute alles drauf verzichten. Die leidige Tafel aus Ungarn hat ja damals auch mehr gesponnen, als angezeigt, aber trotzdem hats beim Gegner geklingelt. ... .... und dann kam wieder Centerfold, die Tormucke von der J. Geils Band. Nelly, the elefant und Narcotic, auch nich schlecht, kann man so machen. Heute sollte man eher bein Einlaufen "Schlafe mein Prinzchen, schlaf ein" spielen, Kleines Nickerchen an der frischen Luft, die Anstoßzeit passt ja inzwischen.
Aktuell, immer weniger Momente wo Freude aufkommt, weil einer mal in die Kiste trifft. Sämtliche Attribute sind flöten, die es braucht, um mal wieder aufhorchen zu lassen. Da bleiben dann auch die Zuschauer weg, als ob Corona nicht schon deprimierend genug ist und die Leute abschreckt.
Mein aktueller Ausblick auf die sportliche Zukunft von Hannover 96 ist sehr schaumgebremst. Da die roten Schleuderfüße jedes Jahr, auch heuer wieder, immer bis Ultimo in der abstiegsnahen Zone rumkrebsen, kann nicht geplant werden und nicht ein lausiger Vertrag zukunftsweisend zustande kommen.
Warum zeigt den Kappesköppen eigentlich keiner, wie Fußball wirklich geht, das wär doch mal ne grelle Idee. Erklärt doch den Unbedarften endlich, dass nur Tore ein Spiel bereichern und dann auch oft entscheiden - ähh, wichtig und hilfreich - wenn die Pille auf der richtigen Seite reinkullert.
Eigentore, en masse, sind einfach nicht förderlich, so wie sie bei 96 jedoch fallen, allerdings schon recht skurril bis hin zu lustig.
96 in den neuen 20ern: alles nur eine riesengroße Dürftigkeit, gepimt durch Undercut Frisuren und wilde Körperbemalung. Einstellung und Mentalität war gestern. Für mich ist die jetzige Riege erneut keine wirkliche Einheit, und wurschtelt nur mit angezogener Handbremse, weil sie ziemlich sicher sein können nicht hart aufzuschlagen. Im Gegenteil, irgendein neuer Club wird zugreifen in dem Irrglauben, die Eleven wieder hinzukriegen. Dieser Fehler ist ja unserem Mann ebenfalls unterlaufen ... und nicht zu knapp.
So wird es jedenfalls nicht leichter sich wieder Fans auf seine Seite zu ziehen. Vielleicht mal ernsthaft drüber nachdenken und nicht nach Spielende abgezockt abgedroschene Worthülsen ins Mikro stottern. Gas geben, sich professionell aufstellen, das fängt beim Lebenswandel an, geht über die Ernährung usw. usf. weiter. Ist alles bekannt, auch dass jeder Spieler biologisch nur eine begrenzte Zeit hat, gutes Geld zu verdienen. Trotzdem gibt es Artisten, die diese Tatsachen aushebeln wollen, bzw. ignorieren.
Da kann man sich nur wundern, weil dies ist einfach nur doof.
Zuletzt geändert von Pralino am 06.04.2022 21:13, insgesamt 5-mal geändert.
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