Mit jetzt fast zwei Tagen Abstand bleibt insgesamt ein positives Gefühl bestehen. Die erste Überraschung ob des deutlichen Ergebnisses und die Euphorie sind verzogen, dennoch bleibt unterm Strich ein sensationelles Ergebnis und die Erkenntnis, dass es viel besser nicht hätte laufen können.
Zu aller erst aber meine Glückwünsche an Jonas Boldt, Latsche Guss, Ralf Nestlé, Karsten Linke und Natalie Hartmann - wie sie von Verein und/oder Presse genannt wurden. Und natürlich auch an die fünf Gewinner bei der Wahl zum Aufsichtsrat des Hannover 96 e.V.
Ich muss gestehen, es war meine erste Versammlung - auch geschuldet der geografischen, nicht aber der emotionalen Entfernung. Ein Samstag passt für die Außerhäusigen eben einfach besser. Nach den Geschehnissen der letzten Jahre, wollte ich jetzt einfach dabei sein. Es hätte auch mein letztes Mal sein können, wird es aber nun hoffentlich nicht gewesen sein.
In einer kleinen Gruppe bestehend aus Forumsteilnehmern und ein, zwei "Externen" (beide aus dem Fanmag?) hatten wir es uns von der Bühne aus gesehen links auf der Tribüne gemütlich gemacht. Mit dabei waren Alter 96er, Bemeh, B'Elanna und Erdbeere. Ein paar Meter weiter und sich erst in bei der Abstimmung "enttarnend" stieß dann noch thomas58 dazu. Es werden sicher noch weitere User anwesend gewesen sein, zu einem Austausch kam es allerdings leider nicht. Stscherer war aufgrund seiner Wortmeldung jedenfalls da, saß aber weiter weg im Innenraum. Wenn auch nicht in diesem Rahmen, schafft ein persönlicher Austausch immer eine neue Perspektive, lässt sich manches eben nur bedingt in Schriftforum ohne Tonlage, Gestik oder Mimik erläutern. Insofern kann ich den Blick ins echte Leben nur empfehlen. Tut meistens auch gar nicht weg.
Wir saßen gut fünf Meter Luftlinie vom separierten Mitarbeiterblock entfernt. Von den "Profis" waren Rehberg, Tarnat, Zuber und Heldt zugegen. Letzterer saß stoisch seine Pflicht ab und bewegte sich glaube ich in den 4,5 Stunden nur beim Gang zur Wahlurne oder zur Raucherpause. Einige Mitarbeiter schauten teilweise ungläubig teilweise angewidert in den Saal, wenn es zu Beifallsbekundungen gegen Kind bzw. pro PV kam. Ich meine auch das Unbehagen von Rehberg bemerkt zu haben, als das kleine "PDF-Gate" angesprochen wurde.
Ich war insgesamt überrascht, wie besonnen die Veranstaltung dieses Mal ablief. Auch wenn mir eigene Eindrücke aus den Vorjahren fehlen, muss dies ja ein deutlicher Kontrast gewesen sein. Das lag wahrscheinlich auch an der sehr souveränen Leitung von Herrn Jagau. Ganz neutral wird es nicht gewesen sein, aber er machte das insgesamt gut und somit deutlich besser als seine Vorgänger in den Vorjahren. Bei der Einhaltung der Redezeiten schienen unterschiedliche Maßstäbe zu gelten. Die Kindseite hatte eher fünf Minuten. PV brauchte dagegen nur 2,5 und hat trotzdem inhaltlich mehr vorbringen können. Als das Publikum bei den längeren Reden der Kindkandidaten dann unruhiger wurde, hat er eingegriffen - musste er aber wohl auch, wenn man um Neutralität bemüht sein wollte.
Merkwürdig fand ich hingegen die Neuordnung der Anträge, als die Anträge 1, 2 und 3 einfach mal getauscht wurden. Noch merkwürdiger war, dass der aktualisierte Antrag von Herrn Hettwer wohl mit dem Verein Tage vorher abgestimmt gewesen sein soll, der Text auf dem Beamer trotzdem der alte war. Kalkül, um den Antrag zu schwächen oder einfach nur wieder Premium, wie die Zitatplatzhalter im Begleitheft? Und noch viel merkwürdiger fand ich, dass bei der Abstimmung (es sollte ja dann der einzige zugelassene Antrag bleiben) knapp 300 Stimmen fehlten. Es sollen knapp 2.100 Stimmberechtigte "in der Halle" (oder doch alle rauchen, Getränke holen oder wegbringen) gewesen sein. Die drei Balken "ja", nein", "Enthaltung" machten aber nur etwa 1.700 Stimmen aus. Die Summe der validen Stimmen auf der gezeigten Folie war dann noch niedriger als die Einzelsummen. Hätte der Antrag doch eine Chance auf Zustimmung gehabt? Es fehlten ja nur 51 Stimmen. Oder wurde nur beim Übertrag der Zahlen auf die Folie geschlampt? Durch den Tausch der Anträge hatte es den Charme für die Kindpartei, dass deren Antrag als zweites behandelt und nicht zugelassen wurde, was den Kandidaten laut Jagau im Vorfeld bekannt war. Nutzte man diesen Schachzug also zur Rechtfertigung, um auch den dritten (eigentlich ersten) Antrag nicht zuzulassen. Nach dem Motto: Sehr her, die andere Partie wurde auch nicht zugelassen?
In diesem Zusammenhang mit den fehlenden 51 Stimmen passt das Vorziehen der AR-Wahl. Organisatorisch machte das Vorziehen Sinn, da dann parallel ausgezählt werden konnte. Wenn man die Wahl und insbesondere die Vorstellungen der Kandidaten aber sieht, hätten die fehlenden Stimmen eventuell auch so gesammelt werden können, wenn das Ergebnis der Wahl vor Behandlung der Anträge bekannt gewesen wäre.
Als diese kleinen Winkelzüge haben aber nichts gebracht. Die Kind-Seite wirkte überhaupt nicht gewillt, überhaupt gewinnen zu wollen. Dette und Surmann waren komplett inhaltsleer in ihren Vorträgen. Kuhnt hätte sicherlich als Kommunikationsprofi, wie er sich selbst nannte, auch ein anderes Brett vorlegen können. Frau Voss war in ihrer eigenen Welt unterwegs und versuchte alles Vergangene zu rechtfertigen. Einzig Sandra Wallenhorst konnte mit ihrem Begehren für den Breitensport inhaltlich glaubwürdig überzeugen. Allerdings passte das nun eben gar nicht zu einem Aufsichtsrat. Als Vorstand könnte sie ihren Wünschen sicherlich mehr Nachdruck verleihen. Insofern war sie Samstag auch in einer falschen Rolle unterwegs.
Die PV-Kandidaten wussten in Summe zu überzeugen, auch wenn Jens Boldt sich nun tatsächlich nicht selbst verkaufen kann. Ich habe ihm aber abgenommen, dass ihm die Sache, für die er eintritt wichtig ist. Natalie Wartmann mag das Rampenlicht nicht, dennoch war ihr Auftreten authentisch und emotional mitreißend. Wenn auch mit leisen Tönen.
So zum Schluss noch ein paar ungeordnete Bemerkungen:
Kind wirkte in seinen Ausführungen beim Vorstandsbericht sehr fahrig. Auch das Abspulen seiner Errungenschaften aus den letzten Jahren kam nicht mehr so sicher über die Lippen. Er scheinte das Unheil schon zu ahnen. Den Spruch mit seiner Mutter fand ich an sich okay. Nur leider war er einstudiert, was ihn durch die Einleitung "Ich habe lange überlegt, ob ich das hier sage" nicht besser machte. Wenn hätte er wohl frei vorgetragen werden müssen. Und außerdem verfehlte er wohl die Zielgruppe, da viele von den Rufern wohl gar nicht anwesend waren. Davon ab, bleiben die Schmähgesänge selbstverständlich niveaulos und armselig. Braucht kein Mensch!
Mitunter war die Versammlung eine richtige Comedy-Veranstaltung. Beginnend mit Schmidts Kalauer, dass die Mannschaft nicht zugegen ist, weil sie sich auf das Spiel gegen Schalke vorbereiten müsse (wie oben beschrieben: keine Regung bei Heldt) bis hin zu seinem Rohrkrepierer, dass es statt 50+1 eigentlich 14+15 heißen müsse, weil man insgesamt 29 Punkte für den Klassenerhalt bräuchte. (Unfreiwillig) unterstützt wurde er vom elften AR-Kandidaten Rohles, der in bester Gernot Hassknecht-Manier auftrat und für sein 2+2+1-Model warb. Dabei wollte er je zwei Vertreter aus beiden Lagern mit sich in einen Raum sperren, bis sich vertragen wurde. Er trat als Mann des Volkes an und repräsentierte die 95% von Hannover, die nicht Mitglied sind, aber mit 96 mitfiebern, was an sich ja nett gemeint aber bei einer
Mitgliederversammlung nicht zielführend ist. Außerdem gab es am Ende noch eine Wortmeldung von einem Mitglied der Sparte Fußball passiv. Mit seiner Schirmmütze und seinem Gesamtbild Dennis aus Hürth ähnelnd fragte er Kind, wie lange er das denn noch machen wolle. Er werde jetzt ja auch bald 75 und der Verein würde ich ja schließlich nicht gehören.
Zu den positiven Wortmeldungen, die bei mir hängen geblieben sind, zähle ich die letzte Wortmeldung eines Mitglieds, der Psychologe aber eben kein Jurist ist, und Kind den Rat gab, dass wenn man schon mit sich selbst Geschäfte machen müsse, sollte man sich wenigstens bemühen, dass es nicht nach Selbstbereicherung aussehe. Weitere zähle ich die Wortbeiträge von Robin Krakau, Stefan Scherer, dem Mann von der Roten Kurve (Namen leider vergessen), der Krause den Gerichtsentscheid unter die Nase gehalten hat, von dem er (Krause) nichts wissen wollte, sowie den Einwand auf den Datenschutzhinweis, warum denn dann die drei Antragsteller namentlich im Newsletter sowie in der Presse gelandet sein, wenn doch der Schutz der Mitgliederdaten angeblich so wichtig sei.
Die negativen Höhepunkte kamen allesamt aus dem Kindlager. Zum einen der Abteilungsleiter Tischtennis, der sich zwar für einen fairen Umgang aussprach, aber eigentlich nur Kinds Leistungen hofieren wollte. Getoppt wurde er locker vom Abteilungsleiter Triathlon, der seiner Mitglieder im Vorfeld ja schon mehr Mail angeheizt hatte, es den Feinden des Vereins richtig zu zeigen. Es war klar ersichtlich, dass er nur zur Stimmungsmache nach vorne geschickt worden war. Dann war da noch die als Redebeitrag getarnte Wahlkampfrede von Herter, die glücklicherweise abgewürgt wurde. Und zu guter Letzt natürlich Herr Krause, der mit seinem Auftreten wiederholt unter Beweis gestellt hat, dass es sich in Kinds Schatten wunderbar leben lässt und man nicht um einen guten Ton oder die Fragen und Bedenken der Mitglieder kümmern muss.
Sollte ich etwas vergessen oder falsch wiedergegeben haben, freue ich mich über entsprechende Wortmeldungen.
Edith meint, dass ich überrascht war, wie wenig Einnahmen der e.V. aus Sponsoring und Spenden vorzuweisen hat und wie eklatant die finanzielle Abhängigkeit von den Fans (Förder- und Passivmitglieder ist). Da helfen auf 70.000 EUR p.a. für die Markenrechte nicht. Wo waren die überhaupt verbucht. Da macht es ja richtig Sinn, es sich mit den Leuten zu verscherzen, die den Verein bisher am Leben gehalten haben. Es gibt sehr viel Aufklärungsarbeit, aber immerhin zeichnet sich durch die Wahl ein steiniger aber gangbarer Weg ab.
Außerdem scheint durch die elektronische Durchführung doch einiges an Zeit und Unruhe eingespart worden zu sein.