Zitat:
09.03.2010
Offener Brief der Fanbeauftragten
Angst vor der leeren Kurve
Text: Ingmar Kreienbrink Bild: Imago
Sorge um die Fankultur in den Stadien: Wegen gefährlicher Pyrotechnik und einer Zunahme der Gewalt drohen restriktive Strafmaßnahmen. Deshalb fordern die Fanbeauftragten aller Vereine in einem Offenen Brief mehr Vernunft.
Die Fanbeauftragten der Bundesliga-Vereine schlagen Alarm. Durch gefährliche Pyrotechnik und zunehmende Gewalt in den Stadien gerät die Fußball-Bundesliga immer häufiger in Negativ-Schlagzeilen.
Und weil die »echten« Fans Angst um ihr liebstes Hobby haben, trafen sich am Montag zahlreiche Fanbeauftragte auf Einladung des VfL Bochum, um über die aktuelle Situation zu diskutieren.
Das Ergebnis ist ein Offener Brief an alle Fans, dessen Inhalt die Brisanz des Themas und die Sorge um die Zukunft gleichermaßen offenbart: »Wir werden nicht tatenlos zusehen, wie sich die Fankultur von Innen heraus selbst zerstört.«
Forderung nach Nacktscannern
Auslöser für das Treffen ist das Unglück beim Bundesligaspiel VfL Bochum gegen den 1.FC Nürnberg, bei dem acht Personen durch brennendes Magnesium-Pulver teils schwer verletzt wurden. Daraufhin hatte der SPD-Politiker Rudolph den Einsatz von Nacktscannern in Stadion für mehr Sicherheit gefordert, was auf viel Widerstand stieß.
Nicht nur deshalb haben jetzt die Fanbeauftragten selbst die Initiative übernommen und einen eindringlichen Appell an die Fans verfasst: »Pyrotechnik, zunehmende Gewalt, gegenseitiges Berauben und das anschließende Präsentieren der geraubten Fanartikel sind Fehlentwicklungen, die wir nicht wünschen und die uns zunehmend Sorge bereiten. Vor allem Teile der Ultra-Szenen schaden dadurch sich selbst und am Ende allen Fans«.
»Pyrotechnik ist hochgefährlich« Der Zwischenfall beim Auswärtsspiel des 1. FC Nürnberg in Bochum habe vielen die Augen geöffnet: »Pyrotechnik ist kein harmloses Stilmittel, um der Kurve Farbe zu geben. Pyrotechnik ist hochgefährlich und fordert seit Jahren Verletzte im Fußball«. Eine späte Erkenntnis, die die Fanbeauftragten nun zu korrigieren versuchen. Denn sie fürchten die möglichen Konsequenzen durch die Deutsche Fußball Liga und den Deutschen Fußball Bund.
Die Fanbeauftragten registrieren den Druck der Politik, der mit jeder der sinnlosen Aktionen steige. Zur Debatte stehe unter anderem eine restriktive Vergabepolitik von Auswärtskarten – zum Beispiel durch die Personalisierung und einer Fancard. So drohe eine Reduzierung des Gästekontingents auf fünf Prozent bzw. sogar in Einzelfällen ein Ausschluss der Gästefans, was alle Vereine hart treffen würde. Geisterspiele (unter Ausschluss der Heimfans) wäre wohl die Schlimmste aller Möglichkeiten.
Weitere Optionen seien eine reglementierte Anreise aller Gästefans (Karten nur inklusive organisierter Anfahrt, Reiseverbote) sowie der vollständige Wegfall der Stehplätze und dadurch drastisch steigende Kartenpreise.
Ohne Fahne ins Stadion
Auch das Bild der Anhänger könnte sich ändern: So stehe ein Verbot jeglicher Fanutensilien als eine mögliche Strafform im Raum – man stelle sich vor, die Zuschauer dürften etwa keine Fahnen mehr ins Stadion mitnehmen. Die Stadionverbotsrichtlinien würden wohl zwangsläufig nach Gewalttaten und dem Zünden von Feuerwerkskörpern verschärft. »Das sind alles keine Phantasien, sondern tatsächliche Forderungen an die DFL und den DFB«, warnen die Fanbeauftragten in dem Offenen Brief. »Weder ihr noch wir wollen die viel zitierten italienischen oder englischen Verhältnisse. Es liegt aber an euch, dass solche Forderungen nicht mehr gestellt oder gar in die Tat umgesetzt werden müssen.«
Verantwortung und Respekt
Die viele Tausend Anhänger, die Woche für Woche ihre Teams bei Heim- und Auswärtsspielen lautstark, kreativ und farbenfroh unterstützen, sollen auch weiterhin ihre Fankultur pflegen können. »Wir als Fanbeauftragte unterstützen diese Form nach Kräften, aber leider werden unsere und auch eure Bemühungen durch verschiedene Zwischenfälle in den vergangenen Monaten mehr und mehr ad absurdum geführt«, heißt es in dem Brief. Deshalb fordern die Fanbeauftragten Verantwortung und Respekt von den Anhängern: »Ihr seid verantwortlich für euch, eure Fanszene und die Fankultur, die ihr am Leben erhalten wollt.«
Der Westen@11Freunde
Quelle:
http://www.11freunde.de/bundesligen/128 ... eren_kurve