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 Aktuelle Entwicklung der Fußballmüdigkeit Moderations-Bereich
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 Betreff des Beitrags: Aktuelle Entwicklung der Fußballmüdigkeit
BeitragVerfasst: 17.09.2020 12:34 
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Hallo liebe Fussballfreude,

ich möchte in diesem Thread die aktuelle Lage zum Thema Fussballinteresse diskutieren. Ich persönlich versuche mich (nach längerer Abstinenz und Überdrüssigkeit auf den Fussball) wieder dem Fussbal zu widmen. Grund: Nach jahrelangem Mitfiebern und Fussballkonsum bin bzw. war ich einfach Fußballmüde.

Dieses Desinteresse am Fußball im Allgemeinen ist immer mal wieder in den Medien zu lesen und wurde aktuell von Christian Seifert im kicker-Interview thematisiert. Link: https://www.kicker.de/seifert-gleichverteilung-wuerde-meisterschaft-nicht-spannender-machen-784522/artikel.
Zitat:
In der Zielgruppe der 16- bis 24-Jährigen verliert der Fußball stark an Bedeutung.


Ich zähle mich zwar nicht mehr zu dieser Altersklasse, aber ich kann die Entwicklung ebenfalls nachzollziehen und verstehen. Ich habe mir einmal Zeit genommen und über diese Thematik sinniert und habe folgende Gründe identifiziert, die womöglich diese Entwicklung auslösen.

Allgemeine Gründe:
1. Übersättigung des Fußballinteresses durch zu viele Wettbewerbe und Spiele:
Eine Vielzahl an unterschiedlichen Wettbewerben prasselt auf den Fußballkonsumenten ein. Mit Meisterschaft, 2. Liga, DFB-Pokal, Euro League, CL, WM, EM, Nationsleague, Youth League sind dies alleine schon 9 Wettbewerbe und das auch nur, wenn man es mit den deutschen Mannschaften hält. Bei der Aufzählung habe ich bestimmt noch einige Wettbewerbe vergessen und multipliziert sich ja ebenfalls noch, wenn man die internationalen Mannschaften berücksichtigt.

2. Entwicklung der Spielkultur zu einer Abwehrschlacht:
Die aktuelle, aber vor allem deutsche Spielkultur besteht aus einer großen Abwehrschlacht. Es wird häufig die Devise ausgegeben: Hinten sicher und vorne hilft uns Gott. Kleine Clubs stellen sich gegen große Clubs hinten rein und versuchen mit gelegentlichen Kontern ein Tor zu erziele - was ja auch legitim ist. Diese Spielweise ist zwar erfolgreich, für den neutralen Zuschauer aber meist wenig spannend und folglich ergeben sich tendentiell eher wenige Torraumszenen.

3. Übertragungsrechte:
Für jeden dieser oben angesprochenen Wettbewerbe sind individuelle Ansprachen mit den Übertragungsanbietern getroffen worden und wurden dementsprechen an unterschiedliche Anbieter verkauft. Die Meisterschaft ist ja noch einmal gestückelt. Ich habe schlichtweg die Übersicht verloren, wann ich wo welche Spiele mir anschauen kann. Zudem sind diese Übertragungen immer wieder von Veränderungen geprägt. Sprich: Ich habe mich an ein Format gewöhnt, da ist dies schon wieder nicht mehr aktuell.
Zudem kommen noch die unverschämten Kosten auf mich zu, wenn ich alle Anbieter abonieren wollen würde. (Im Vergleich: Magentasport überträgt für 10€ im Monat alle nationalen und internationalen Spiele im Basketball)

4. Früher Vereinsfokussierung, zukünftig Spielerfokussierung:
Der Fußball verkommt langsam zur One-Man-Shows von Stars. Die Vereine haben aktuell keine Oberhand mehr, wenn es um Spielertransfers geht. Abwechslungswillige Spieler bleiben vom Training fern oder zeigen so lange lustlose Auftritte, dass der Verein gezwungen wird, diesen entgegen des Vereinswohls zu verkaufen.
Dies begünstigt die Söldnermentatlität der einzelnen Spieler, reduziert die Identifikation der SPieler mit den Vereinen und vor allem: Es dreht sich auch bei den Fans weniger um den Verein als solches, sondern eher um die Spieler.

6. Gähnende Langeweile, außer es geht um den Abstieg:
Die internationalen Wettbewerbe sind langweilig. Seit dem Sieg von Wolfsburg 2008/09 gab es keine überraschenden Sieger mehr. 8 Jahre in Folge gewinnt der ewige deutsche Meister Bayern München die Meisterschaft. Für mich ist der Wettbewerb, der das wöchentliche Fußballgescehen abbildet nicht mehr interessant. Einziger Nervenkitzel ist der Abstieg.

8. Diskussionskultur:
Die Diskussionskultur in den Fußballforen ist derartig gesunken. Die Diskussionen sind kaum noch wirklich sachlich und fachlich geprägt, sondern sind von persönlichen Anfeindungen und Streitigkeiten geprägt. Anstatt sich mit den fachlichen Dingen zu beschäftigen, wird meist darauf verwiesen erstmal vor der eigenen Tür zu kehren. In Hannover sind darüber hinaus fast alle Diskussionen von der Auseinandersetzung und Anfeindungen Richtung Martin Kind zu lesen. MK als Sündenbock für alles.

9. VAR-Einführung:
Die VAR-Einführung sollte den Fußball "gerechter" machen. Dies ist aber nur in der Theorie so. Es werden wöchentlich (nachvollziehbare !) Diskussionen darüber gehalten, warum Köln in bestimmten Situationen eingreift und in anderen wiederum nicht. Wer erinnert sich nicht an das Tor von Füllkrug gegen Leipzig in der er mit einem Zeh im Abseits stand und der Videoschiri sich gemeldet hat.

10. Kluft zwischen Arm und Reich:
Die Kluft zwischen Arm und Reich wird immer größer und wird sich auch zukünftig nicht ändern. Da keine Geld-Umverteilung oder sonstiges Drafting-System existiert und die Einnahmen der CL alles überschatten, bleiben die finanzstarken Vereine überlegen. Hieran haben weder die führende Vereine noch die DFB/FIFA irgendein interesse diese Situation zu ändern. Financial-Fair-Play stellt auch kein wirksames Kontrollinstrument da, um den Markt zu steuern.

11. Frühes Abwerben von Jugendspielern erschwert Jugenarbeit:
Vielversprechende Jugenspieler werden schon als "Säuglinge" gescoutet und aus der Heimat mit höher dotierten Vertrag gelockt. Beispiele wie Nicolas Kühn, Halstenberg etc. sind nur wenige Beispiele. (Was natürlich nciht ausschließt, dass man vergessen hat, diese Spieler auch richtig zu fördern.)

12. Etalierung von Plastikclubs:
Mit Clubs, die von finanzstarken Unternehmen geführt werden, werde ich nicht warm.
Mit Leverkusen, Wolfsburg, Leipzig (neu), Hoffenheim (neu) sind aktuell 4 Bundesligisten dabei, die entweder innerhalb kürzester Zeit von 0 auf 100 beschleunigen konnten, oder schon über einen langen Zeitraum gefördert werden. diese verdrängen nicht nur andere traditionellere Clubs, sondern schaffen es auhc nicht das Feuer in mir zu wecken.

13. Aktuelle Corona-Situation:
Aktuell fühlen sich Spiele wie Testspiele an. Die Spiele ohne Fangesänge sind einfach nichtdasselbe wie mit. Ich denke, dass ich diesen Punkt nicht wieter ausführen muss.

Hannoverspezifische Gründe:
I. Ewige Martin Kind Debatte:
Gefühlt enthält jede zweite Meldung über Hannover eine Anspielung auf Martin Kind. Falls dies einmal nicht der Fall sein sollte, in den Kommentaren in den sozialen Medien ist dieser Hinweis bestimmt zu finden. Diese ewige Schuldzuweisung und das Beschweren in den sozialen Medien mindert mein Interesse. (Hier geht es nicht darum, dass eine der beiden Parteien recht hat, es geht eher um die Auseinandersetzung an sich.)

II. Wechselndes Management:
In den letzten Jahren ist eine Vielzahl an Sportdirektoren gekommen und gegangen. In letzter Zeit nimmt dies jedoch noch mehr Überhand. Man möchte einen Nachfolger zu Herrn Kind aufbauen und verspielt aus den unterschiedlichsten Gründen immer wieder eine Chance dies auch zu tun. Das wechselnde Sportmanagement hat auch zur Folge, dass immer wieder unterschiedliche Transferstrategien verfolgt werden. Am Ende bleiben die Fans ratlos zurück: Haben wir überhaupt eine strategische Ausrichtung?

III. Kein Halten von Spielern möglich:
Sind wir mal ehrlich: Hannover kann gute Spieler kaum halten. Wenn ein Spieler überdurchschnittliche gut performt, ist er beim nächsten guten Angebot weg. Dies gilt nicht nur für Eigengewächse (Anton), sondern auch für Zugänge von anderen Clubs (Bebou). Für beibt eine gesichtslose Mannschaft zurück, die immer wieder vor großen bzw. mittelgroßen Umbrüchen steht.

In meinem Thread geht es nicht darum, einzelne Punkte auszudiskutieren (denn diese sind diskussionswürdig), sondern eher um die Frage: Geht es euch genauso? Habt ihr ähnliche Gedanken oder Entwicklungen mitbekommen?
Im Endeffekt geht es ja auch darum, dass auch zukünftig das Interesse an der tollen Sportart nicht nur in Deutshcland, sondern auch in Hannover hochgehalten wird.

Die Folge daraus ist im übrigen, dass ich aktuell Basketball (BG Göttingen) dem Fußball vorziehe.

Ich freue mich auf eure Rückmeldungen.

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I play real sports. Not trying to be the best at exercising.
— Kenny Powers


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 Betreff des Beitrags: Re: Aktuelle Entwicklung der Fußballmüdigkeit
BeitragVerfasst: 17.09.2020 14:48 
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Da hast du aber ein schönes Brett ausformuliert! :nuke:
Finde mich in vielen Punkten wieder und werde mir die Tage nochmal in Ruhe Gedanken machen und ein paar Zeilen dazu schreiben.

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 Betreff des Beitrags: Re: Aktuelle Entwicklung der Fußballmüdigkeit
BeitragVerfasst: 18.09.2020 08:17 
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@ Krysenna :nuke:


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 Betreff des Beitrags: Re: Aktuelle Entwicklung der Fußballmüdigkeit
BeitragVerfasst: 19.09.2020 21:00 
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 Betreff des Beitrags: Re: Aktuelle Entwicklung der Fußballmüdigkeit
BeitragVerfasst: 19.09.2020 21:15 
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Passt (leider)!

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 Betreff des Beitrags: Re: Aktuelle Entwicklung der Fußballmüdigkeit
BeitragVerfasst: 20.09.2020 15:01 
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Das ist ein schönes Thema und ich werde meinen Senf dazu beitragen, indem ich dein Beitrag ausführlich beantworte.

Zuallererst: Ich bin mittlerweile fast 50 Jahre alt (1972 wurde ich geboren). Ab dem Alter von 9, 10 Jahre alt wurde ich mit dem Fußballvirus infiziert. Damals war Fußball noch Mangelware. In den Niederlanden hatten wir ein Programm im Fernsehen, genannt: „minivoetbalshow“ (Minifußballshow). Das war ein Hallenfußballturnier mit eigenen Regeln. So war es beispielsweise möglich von hinter dem Tor durch ein Loch im Netz ein Tor zu erzielen, Kopfballtore haben doppelt gezählt und nach drei Eckbällen gab es Strafstoß.

Die WM 1982 und die EM 1984 haben das Virus dann weiter verbreitet. Ab dann habe ich sehr viel auf Bolzplätze Fußball gespielt und auch in der (Grund)schule haben wir in den Pausen fast ständig Fußball gespielt. Später bin ich dann mit meinen Eltern umgezogen, hatte kein Bolzplatz mehr zur Verfügung, habe dann aber noch ein Jahr im Verein gespielt. Leider musste ich damit aufhören, weil die Musik mich immer mehr in Anspruch genommen hat.

Ich kann mich noch sehr gut an die Nationalspiele erinnern. Die gab es damals ziemlich sporadisch. Als dann am Mittwoch ein solches Spiel angestanden hat, war ich bereits ab Montag aufgeregt für das Spiel und die Analyse hat dann noch bis Freitag gedauert.
Auch Europa- und UEFA-Pokalspiele, die es damals noch gab, wurden erst ab dem Viertelfinale im Fernsehen ausgestrahlt. Die waren damals noch Sonderware und es hat unheimlich viel Spaß gemacht die im Fernsehen zu schauen.

Gemeinsam mit meinem Vater habe ich mir dann jeden Sonntag um 19.00 Uhr die Eredivisie angeschaut. Es gab nur Samstags- und Sonntagspiele, die damals alle noch um 14.30 Uhr angefangen haben. Jede zweite Woche habe ich dann im jeweiligen Dorf wo ich dann gerade gelebt habe mir im Amateurfußball vor Ort die Spiele angeschaut.
Heutzutage ist das Angebot so groß geworden, dass fast täglich Fußball im Fernsehen ist und damit geht den Spaß am Fußball verloren. Die Finale runde der Champions League im vergangenen Vorjahr habe ich mir zum ersten Mal seit langem dann angeschaut, weil meine Tochter sich das unbedingt anschauen wollte. Und fairerweise muss ich sagen: Das habe ich nicht bereut.

Im Europapokal und im Champions League durften bis 1997 nur die Meister und Titelverteidiger mitmachen. Danach wurde das Turnier so aufgebläht, dass es tatsächlich kaum noch Spaß macht es sich anzuschauen: ein Durchfall an Spielen und uninteressante Gegner, bzw. Spiele (weil das Konzept mit Gruppenphase nicht zu ansehnlichen Spielen herausfordert).
Qualifikationsspiele, geschweige denn die Testspiele, der Nationalmannschaft schaue ich mir gar nicht mehr an und beim Konzept Nations League bin ich hoffnungslos überfordert zu verstehen wie das überhaupt funktioniert.

Den meisten Spaß bereiten mir noch die nationalen Ligen v.A. Bundesliga, Eredivisie verfolge ich nicht so recht.
Damals (1982) hat die WM „nur“ noch 24 Mannschaften gezählt (die die länger dabei sind, haben das möglicherweise als viel empfunden), 2022 in Qatar werden es übrigens 32 sein, geradezu wurde verhindert, dass es 48 Länder werden. Den Spaß an die erste Runde ist mir bereits längst verloren gegangen und auch das mache ich alleine schon wegen der Zahl der Spiele nicht mehr mit. Darüber hinaus habe ich persönlich eine Reizlinie gezogen: Die WM in Qatar werde ich mir nicht anschauen, weil viele Arbeiter das Leben verloren haben während der Bau dieser Stadien. Ihre Körper durften noch nicht mal an die Familie zurückgegeben werden.

Die EM 1984 hatte nur noch 8 Mannschaften gezählt, mittlerweile sind es 24 geworden. Die Zahl von 16 in 2012 fand ich besser und mehr angemessen für die jetzige Fußballlandschaft in Europa. Auch hier mache ich nicht mehr alles mit.

Meine Tochter spielt seitdem sie 6 Jahre alt ist im Verein. Somit durfte ich den Frauenfußball kennenlernen und das bereitet mir zunehmend Spaß. Die Kommerz ist da noch nicht so weit fortgeschritten wie im Männerfußball und da die Niederlande in diesen Jahren noch als Entwicklungsland im Frauenfußball gegolten hat (dürfte jetzt in meinen Augen nicht mehr zutreffen), habe ich die Strukturen wachsen sehen und das Niveau in den Niederlanden hat sich eindeutig gesteigert. Dabei muss ich sagen, dass meine Tochter im größten Frauenfußballverein im Osten des Landes spielt. Sie selber spielt, aufgrund von fehlender Motivation und körperlichen Schwierigkeiten nicht auf sehr hohem Niveau, aber sie ist immer mit Spaß dabei.

Also. Das war es für mich mit Bezug auf Punkt 1: Übersättigung. Für den Rest schreibe ich noch ähnliche Beiträge. Spaß beiseite. Der Punkt ist bei mir am Meisten hängengeblieben.


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 Betreff des Beitrags: Re: Aktuelle Entwicklung der Fußballmüdigkeit
BeitragVerfasst: 20.09.2020 18:38 

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Die Debatten um Martin Kind sind leider alternativlos. Dem aus dem Weg zu gehen hieße: Aufgeben, zustimmen und legitimieren! Dem Fussball Diktator kritiklos einfach nur machen lassen kommt daher nicht infrage.

Vereinsschädigend und unanständig sind Kinds Machenschaften, ätzend, müdemachend und ärgerlich sein Kleben an dem Stuhl.

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Meine Damen und Herren, bitte begeben sie sich unverzüglich auf die Barrikaden, man kann ja nie wissen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Aktuelle Entwicklung der Fußballmüdigkeit
BeitragVerfasst: 21.09.2020 14:12 
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Ich denke auch, dass der Begriff Übersättigung es ganz gut trifft. Es läuft nahezu täglich irgendeine Profipartie auf irgendeinem Sender. Sei es der bis zur Unkenntlichkeit zerstückelte Ligaalltag, CL, EL irgendwelche Playoff-Runden garniert mit Nationalmannschaftsquali, Freundschaftsspielen und der komischen Nations League.

Gewürzt bis zum Geschmacksverlust wird das ganze noch von ungleichen Wettbewerben mit immer mehr Teams. Die Geldliga CL wird frühestens im März spannend, vorher werden austauschbare Teams mit austauschbaren Kadern mitgeschliffen, damit die paar großen Teams sich noch mehr TV-Geder einstreichen können. Die kleineren Mannschaften hecheln hinterher in dem aussichtslosen Versuch, wenigstens ein bisschen monetär mithalten zu können. Dabei wird die Schere jedes Jahr größer und absurder.

Ich weiß gar nicht, wann ich das letzte Mal ein Fußballspiel aus eines mit 96-Beteiligung über die volle Distanz gesehen habe. Es interessiert mich einfach nicht mehr. Selbst die Nationalmannschaft kann sechs Jahre nach dem WM-Titel kein Kribbeln mehr auslösen. Es fehlen die Typen, mit denen man mitfiebern könnte. Die Blase hat sie sich endgültig gekrallt. Alles ist weichgespült und generisch. Selbst eine sportlich herausragende Leistung wie die der Bayern beim Triple nehme ich gleichgültig zur Kenntnis. Nett anzuschauen, aber mitfiebern - das konnte ich den Bayern eh noch nie - kommt nicht in Frage. Es ist egal, ob sie jetzt zum 8., 18. oder 50. Mal in Folge Meister werden. Es wird ja eh jedes Jahr leichter. Dafür sorgen die finanziellen Mittel schon ganz alleine.

Das spezielle 96-Problem ist ja auf vielen Seiten dargestellt worden. Ich hoffe einfach, dass ich noch Emotionen für 96 habe, wenn es sich endlich aus dem Bann des Alleinherrschers befreien kann. Vielleicht platzt bis dahin aber auch die Blase Profifußball und aus den Scherben wächst etwas Neues. Mal schauen, wie alt ich dann bin und ob es dann überhaupt noch Fans im eigentlichen Sinne gibt. Ich stelle mich jedenfalls noch auf eine jahrelange Wartezeit ein...

Ein Wort noch zum VAR: An sich eine gute Idee, die leider beim Fußball nicht von sportlicher Fairness sondern vorrangig zur Einnahmensicherung genommen wird. Es kann ja nicht sein, dass ein Großer wegen einer Fehlentscheidung kein Geld einstreicht. Außerdem werden theoretisch einfachen Regeln seit Jahren verschlimmbessert. Wenn man über jeden Pfiff fünf Minuten diskutieren kann und trotzdem zu drei verschiedenen Ergebnissen kommt, kann es nicht im Sinne des Spiels sein. Bei anderen Sportarten scheinen die Regeln klarer formuliert zu sein, den da gehen die Reviews schneller und transparenter...

Wie gesagt, ich klammere mich an die gute alte Tradition, dass man - meitens am Wochenende - ein Spiel "seiner" Mannschaft schaut und mitfiebert. Es fällt mir wöchentlich schwerer und ich bin gespannt, wie ich mich fühle, wenn ich irgendwann rational werde und aufwache. Wenn der Verfall so weitergeht, wird das Loch, dass dann entsteht, wenigstens nicht allzu groß.

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 Betreff des Beitrags: Re: Aktuelle Entwicklung der Fußballmüdigkeit
BeitragVerfasst: 21.09.2020 14:54 
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:nuke: aber leider wird das wohl weiter so schlimm funktionieren, zu viele Lemminge zu Lande, viele lassen sich von diesem Zustand immer noch locken und so können die Fussball-Verantwortlichen weiter ihr Unwesen treiben.


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 Betreff des Beitrags: Re: Aktuelle Entwicklung der Fußballmüdigkeit
BeitragVerfasst: 21.09.2020 21:43 

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Krysenna hat geschrieben:

Allgemeine Gründe:
1. Übersättigung

[b]2. Entwicklung der Spielkultur zu einer Abwehrschlacht:


8. Diskussionskultur:

9. VAR-Einführung:

12. Etalierung von Plastikclubs:

13. Aktuelle Corona-Situation:

Hannoverspezifische Gründe:
I. Ewige Martin Kind Debatte:

II. Wechselndes Management:

Ich freue mich auf eure Rückmeldungen.


Übersättigung: geht mir schon ne gefühlte Ewigkeit so. Hab schon vor Jahren aufgehört, zu wissen, wer wann wo spielt und welcher Spieltag grad ist. Macht aus das Tabellenlesen langweiliger weil man immer noch auf die Zahl der gespielten Spiele je Mannschaft achten muss. Das "Dabeibleiben" wird zeitaufwendiger und dann fällt's eben Stück für Stück wech.
Spielkultur: seh' ich komischerweise komplett anders. Vielleicht ne Generationenfrage. Wenn ich manchmal noch Spiele aus den 70ern, 80ern (war 1966 erstmals im Niedersachsenstadion) sehe, denke ich, was 'n Schlafwagenfußball, was Defensivklopper/-antifußballer damals noch ne Chance hatten.
Coronasituation: da ich wegen großer Entfernung ohnehin nur noch ein paar mal im Jahr ins Stadion kann, fehlt mir das nicht so sehr. Die Zunahme an Hass, Beleidigungen für Gegner und eigene Spieler/Funktionäre hat inzwischen ein für mich nur schwer zu ertragendes Maß erreicht. Physische Gewalt im und um das Stadion machts auch tatsächlich viel gefährlicher. Da sind hinsichtlich Gewaltbereitschaft für mich schon lange zu viele Dämme gebrochen. Ich schau Fußball auch im Stadion gern eher analytisch, wie Stadionmitgänger das nennen. Für mich hängt die Frage "gutes Fußballspiel" tatsächlich nicht mit Spektakel zusammen. Weder auf dem Platz noch drumrum. Insoweit empfinde ich die Corona-Situation eher weiter entspannend.
Diskussionskultur + Ewige Martin Kind Debatte: find auch schlimm, was MK veranstaltet. Sowohl mit Konstrukt als auch mit Verein als auch mit Menschen. Dennoch halte ich es für möglich, Fußballthemen zu diskutieren, ohne das MK darin vorkommt. Bei aller gern geübten Kritik ist er eben doch nicht für jeden falschen Einwurf verantwortlich. Doch fange ich eine Diskussion über den falschen Einwurf an, kommt garantiert spätestestens der 3. Diskutant mit " ja aber der GröPaz"... In anderen Vereinen, die ja mit 2 Ausnahmen allesamt ähnlich Finanzkonstrukte sind, geht's doch auch. Und auch da gibt es Fans, die ihren Klub als viel schlimmer als 96 bewerten.
VAR: Einführung + Entwicklung sind nur Ausschlag der Tatsache, dass regelmässig GröFaze+Reporter (gilt auch im normalen Berufsleben) nicht hinnehmen können, dass andere Menschen auch Fehler machen. Für mich hat sich dadurch nichts verbessert.
Wechselndes Management: vor ein paar Jahren hatte ich echt Hoffnung, dass man ein langfristig tragfähiges Management-Konstrukt aufbauen möchte (Stw. Strategie, Vision etc.).
Es ist allerdings nur noch tagesaktuelles Cashmanagement nach Barkasse ala Rossmman-Filiale oder Kokenhof-Rezeption.
Plastikklubs: stören mich eigentlich nicht. Spielen Fußball. Oft ganz gut. Hoppelheim & Leipzig haben keine Superstars von Real oder Barca gekauft sondern eher Talente gekauft. Gut, die gern teuer. Aber auch die nicht im Wettbewerb mit Bayern oder Dortmund. Hopp's Vorgehen halte ich sogar für maximal generös. Hat den Verein entwickelt und etabliert mit seinem Privatvermögen und lässt den Klub inzwischen weitesgehend gewähren. Was wir uns alle von MK gewünscht hätten. Und fördert noch ganz viel anderen nicht öffentichkeitswirksamen Sport und soziale Einrichtungen in seiner Heimat. Von mir: großen Respekt für das Werk und die persönliche Haltung/Persönlichkeit.
So, jetzt reicht's erstmal. Werd müde (Ü60, davon Ü50 '96).
Danke Dir nochmal für Deinen tollen Beitrag. Vielleicht leben die Foren ja doch noch..

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Ogen op, hol rechten Kurs, sonst supst Du aff und bist in Mors


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 Betreff des Beitrags: Re: Aktuelle Entwicklung der Fußballmüdigkeit
BeitragVerfasst: 01.10.2020 16:15 

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Hmh, ich denke den Geldlackaffen (nein, ich meine nicht MK :mrgreen: ... aber am Rande ist er natürlich auch ein ganz, ganz kleiner Spieler auf dieser Klaviatur), ... den Geldlackaffen geht langsam auf, das Fussballbegeisterung erstmal nicht mit Knete sondern emotionaler Heimat, Fansein halt, zu tun hat.

Fußball als Produkt zwecks Konsum und erkaufter Freizeitgestaltung ist ersetzbar. Die Kunden können auch anders.

Der Nachwuchs für die späteren (teureren) Sitzplätze bleibt aus. Wie konnte das nur geschehen?

Ich denke, der bedingungslose Kampf gegen jugendliche Hardcore-Fans wird sich langfristig rächen, rächt sich bereits womöglich schon jetzt.

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„Und Sie, Herr Lienen, haben Sie früher auch mal Fußball gespielt?“


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