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 "Ganz schön fies" von Heiko Rehberg, HAZ vom 13.03.2012 Moderations-Bereich
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 Betreff des Beitrags: "Ganz schön fies" von Heiko Rehberg, HAZ vom 13.03.2012
BeitragVerfasst: 13.03.2012 19:50 
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Ganz schön fies

Aus der heutigen HAZ. Verfasser Heiko Rehberg

Skandal. Das Wort geht immer, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Oft ist es eine Nummer zu groß wie beim „Ohrfeigen-Skandal“ in der Fußball-Bundesliga, den die „Bild“-Zeitung gestern nicht zum Aufmacher im Sport, sondern gleich auf der Seite 1 machte – in einer Schlagzeilengröße, die zuletzt dem ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff vorbehalten war. Natürlich ist die Ohrfeige, die der Bremer Profi Claudio Pizarro dem Hannoveraner Emanuel Pogatetz in der 49. Minute
desBundesligaspielsWerder gegen 96 (3:0) verpasste, kein Skandal, vielleicht nicht mal ein Skandälchen. Die Geschichte funktioniert nicht, indem man sie derart aufbläst. Sie bekommt Relevanz über den Tag hinaus, weil sich in der Bundesliga hässliche Unsportlichkeiten häufen und der Umgang von Spielern und Verantwortlichen damit wenig überzeugend ist. Bei Pizarros Ohrfeige zum Beispiel
weiß man gar nicht, worüber es sich mehr zu ärgern lohnt. Über die linkische Nummer des großartigen Bremer Kickers, der bereits in der Hinrunde mit einem – nicht geahndeten – Ellbogenschlag gegen Bayerns Holger Badstuber negativ aufgefallen war? Über Pizarros dreisten Versuch, sich rauszureden („Ich habe ihm eine gegeben, aber ich wollte es nicht. Ich habe mich nur befreit.“)? Ode über seinen Trainer Thomas Schaaf, der sich erst aufregte, dass beim Rückblick auf den Werder-Sieg ständig diese Szene herausgegriffen werde, dann immerhin zugab, dass Pizarros Hand „da nichts zu suchen hat“, aber gleich die Feststellung hinterherschickte: „Aber er wird auch vorher provoziert.“ Ist es zu viel verlangt, dass einer wie Pizarro zu seiner Dummheit steht und auch sein Trainer sie als solche benennt, ohne mit dem Finger gleich noch auf einen Anderen zu zeigen? Immerhin: Pizarros Hoffnungen, „dass nichts kommt“, erfüllten sich nicht, gestern Nachmittag gab der Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) bekannt, dass er ein Ermittlungsverfahren gegen den Bremer
eingeleitet hat – nachträgliche Sperre wahrscheinlich. Nur einen Spieltag davor war der Hamburger
Stürmer Paolo Guerrero dem Stuttgarter Torhüter Sven Ulreich in Höhe der Eckfahne mit gestrecktem Bein von hinten gegen den linken Unterschenkel gesprungen. Es war eines der brutalsten Fouls der vergangenen Jahre, das Sportgericht des DFB sperrte Guerrero für acht Spiele – ein angemessenes, eher zu mildes Urteil. Der Hamburger SV akzeptierte die Sperre, Trainer Thorsten Fink jedoch erlaubte sich darauf hinzuweisen, dass er die Strafe zu hart finde und glaube, „man will ein Exempel statuieren“. Finks Satz schmerzte fast mehr als das Ansehen der Bilder von Guerreros brutalem Tritt. Sportdirektor Frank Arnesen setzte sogar noch einen drauf mit dem Satz: „Ich hätte nie erwartet, dass es zu einer so harten Strafe kommt.“ Womit hatte der Mann gerechnet? Zwei Spiele Sperre wie für ein Festhalten bei einer Notbremse? Oder gar einen Freispruch? In guter Erinnerung ist noch der Mönchengladbacher 3:1-Pokalerfolg über Schalke 04 vor vier Monaten. Bereits in der 6.Minute trat damals Schalkes Jermaine Jones mit Absicht auf den verletzten Fuß von Marco Reus – eine Szene, die
wegen ihrer Hinterlist die Fußballfans erboste. Nach demTritt von Jones waren bei der Staatsanwaltschaft Mönchengladbach sogar mehrere Anzeigen wegen Körperverletzung gegen den amerikanischen Nationalspieler eingegangen. Der DFB sperrte Jones nachträglich und wettbewerbsübergreifend für sechs Spiele, aber auch hier folgten die Reaktionen dem offensichtlich zur Mode werdenden Ach-wie-hart-ist-das-Urteil-Gejammer. „Was ich getan habe, gehört sich nicht“, sagte Jones, „aber Strafen von sechs Monaten für mich zu fordern, steht in keinem Verhältnis zu dem, was passiert ist.“ Auch Schalkes Manager Horst Heldt beeilte sich schnell, auf andere Sünder zu
verweisen und bezeichnete die Sperre „im Vergleich zu anderen Fällen als nicht verhältnismäßig“. Ist es naiv zu wünschen, dass sich ein Verein in einem solchen Fall von einem Spieler distanziert, vielleicht sogar zu der Erkenntnis kommt, dass ein solches Verhalten mit der Klubphilosophie nicht zu
vereinbaren ist und deshalb den Profi nichtmehr einsetzt?AmvergangenenWochenende
stand Jones wieder in Schalkes Startelf, beim 3:1-Sieg gegen Hamburg bekamer eine Gelbe Karte.
Welche kuriosen Folgen die Zunahme fieser Unsportlichkeiten haben kann, bekam der Kölner Lukas Podolski beim 1:0-Sieg gegen Hertha BSC zu spüren. Provozierend hatte der Berliner Levan Kobiaschwili seine Hand in Podolskis Nacken gelegt, der Nationalspieler riss sich los und staunte anschließend nicht schlecht, als er die Rote Karte sah. Für eine Tätlichkeit, die er gar nicht begangen hatte. Podolski wurde gestern für ein Spiel gesperrt und fehlt den Kölnern Sonntag in Hannover, die Regeln des DFB erlauben keinen Freispruch,wennder Schiedsrichter einmal entschieden hat – ein Irrsinn, wenn man auf einfache Weise eine Ungerechtigkeit korrigieren könnte. Für die besondere Note sorgte allerdings Podolskis Berliner Kollege Christian Lell. Er bezeichnete die Aktion als „link“ und sagte, Podolski habe „,Kobi‘ am Hals gepackt und auf die Füße getreten“. Die Fernsehbilder beweisen: Lell erzählte kompletten Unsinn. So viel zum Thema Fairness unter Fußballprofis.


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