Ich hatte mir schon vor einiger Zeit mal die veröffentlichten Jahresabschlüsse der drei Gesellschaften S&S, Arena und KGaA für das Geschäftsjahr/Saison 19-20 angesehen.
Achtung, zwangsläufig folgt ein langer Beitrag.
Vorab, wie auch in der Vergangenheit geschrieben: ich bin kein Fachmann für Jahresabschlüsse, usw. , habe aber einen gewissen kaufmännischen Hintergrund.
Aber wenn es hier Leute mit entsprechendem Fachwissen gibt, dann sind diese herzlich eingeladen, meine Ausführungen zu ergänzen, zu korrigieren, usw. Zu den Rahmenbedingungen (ich nenne hier nur die aus meiner Sicht wichtigsten Merkmale aus dem Bericht):
Saison 19/20:
- erste Zweitligasaison seit dem (letzten) Abstieg
- immer noch vergleichsweise (für 2. Liga) hohe TV-Geld Erlöse (s.u.)
- Geisterspiele in der 2. Saisonhälfte
- 19 Spieler verließen nach dem Abstieg 2018/19 den Club aufgrund auslaufender Verträge, Transfers oder Ausleihen bis zum Ablauf der Sommertransferperiode (Hinweis: die erheblichen Erlöse für Füllkrug, Bebou, Sarenren-Bazee und Bähre wurden bereits in der Bilanz 18/19 erfaßt!)
- 9 neue Spieler wurden verpflichtet, von denen jeweils drei von anderen Clubs bis zum 30. Juni 2020 geliehen, ablösefrei bzw. gegen Zahlung einer Ablösesumme verpflichtet wurden
- Im Berichtsjahr wurden Transfererlöse in Höhe von T€ 2.278 erzielt (laut Erläuterungen in der vorhergehenden Bilanz 18/19 sind das Einnahmen für Fossum, Gloster, Tschauner und die 1. Rate seitens Udinese für Walace. Hinweis: es bestanden in 18/19 noch erhebliche Forderungen an die KGaA aus Transfers, diese sanken laut Bilanz von 8,5 Mio Euro (in 18/19) auf ca. 300 T Euro in 19/20).
- An Transferaufwendungen (für die Saison 19/20) wurden T€ 3.001 für vier neue Spieler erfasst (Ducksch, Zieler, Franke, Hansson).
- Thema Kind und Verzicht auf staatliche Unterstützung in der Corona-Zeit (was er ja mal behauptet hatte), Zitat:
Zitat:
"Bedingt durch die große wirtschaftliche Unsicherheit aufgrund der coronabedingten Saisonunterbrechung kam es innerhalb derGesellschaft in der Zeit vom 01. April bis zum 30. Juni 2020 erstmalig zur Kurzarbeit. Diese Maßnahme betraf in erster Linie mannschaftsnah agierende Abteilungen, wie den Bereich Medien & Kommunikation, das Greenkeeping sowie die gesamte Akademievon HANNOVER 96. Aufgrund des innerhalb dieser Zeit beschlossenen Restarts des Spielbetriebes konnte die Kurzarbeit abersukzessive zurückgefahren und inzwischen beendet werden. Mit dem Spielerrat des Lizenzspielerkaders wurde für den vorgenanntenZeitraum ein prozentualer Gehaltsverzicht vereinbart."
War ja schon bekannt, daß er an der Stelle öffentlich gelogen hatte, aber hier steht es nochmals schwarz auf weiß.
Alle folgenden Zahlen stammen aus dem veröffentlichten Jahresabschluß, teils als Zitate, teils als verkürzter Satz von mir.
Vorab eine ganz kurze Zusammenfassung:
- Rückgang der bilanzierten Spielerwerte als (früher) größer Posten auf der AKTIVA-Seite um 12,5 Mio auf nur noch 5,5 Mio Euro (zum Vergleich 2018/2019: 18 Mio)
- Forderungen (also noch nicht als Erlöse gebucht) aus Transfers sind mit ca. 4,4 Mio Euro ausgewiesen (laut neuer Infos aus Presseberichten sind das 3-4 Mio Forderungen aus der Ratenzahlung von Udinese für Walace , ein kleiner Teil könnte auch noch die Ablöse für Hansson sein)
- bemerkenswert auf der AKTIVA Seite der Bilanz ist der hohe Kassenbestand/Guthaben bei Banken i.H.v. ca. 9,1 Mio Euro
- auf der PASSIVA Seite hat sich durch die Kapitalerhöhung in November 2019 das Eigenkapital von 13 Mio Euro auf 23 Mio Euro erhöht
- aus 18/19 gab es einen übernommenen Verlustvortrag von 6,8 Mio Euro
- in 19/20 wurde ein Jahresfehlbetrag von 9,1 Mio erwirtschaftet (das dies die gleiche Summe wie der Kassenbestand/Guthaben auf der AKTIVA Seite ist, kann Zufall sein; es kann aber auch z.B. eine Vorgabe der DFL zur Lizenzerteilung gewesen sein, daß der Jahresfehlbetrag gegenfinanziert sein muß)
Interessant ist ein Blick auf die Verbindlichkeiten:
- trotz der negativen operativen wirtschaftlichen Tätigkeiten wurden die Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen (S&S, Arena) um 7,5 Mio Euro verringert!> dazu schreibe ich später noch etwas, wenn ich die Kapitalerhöhung i.H.v. 10 Mio Euro aufdrösele- die Verbindlichkeiten wurden insgesamt um ca. 16,6 Mio auf ca. 26,2 Mio Euro verringert (18/19: noch 42,8 Mio)
> erreicht wurde dies v.a. durch den Verkauf der drei Leistungsträger Bebou, Walace und Füllkrug nach dem Abstieg, die als Forderungen aus Transfers i.H.v. 21 Mio Euro in der Bilanz 18/19 drin standen und dann in 19/20 erlöswirksam wurden
Aus der GuV nur zwei Zahlen:
1. Die immer gern diskutierten Angaben zum Aufwand für den Spielerkader:
lassen sich aus der Bilanz nicht 1:1 ableiten, weil im Posten "Löhne u. Gehälter" (ohne Sozialbgaben u. Altervorsorge) eben alle Löhne für alle Mitarbeiter (Spieler, Trainerstab, Verwaltung, Staff, usw.) der KGaA zusammengefaßt sind
- ausgewiesen sind 22,9 Mio Euro und damit ziemlich genau 50% aus der Erstligasaison 18/19
- die jährlichen Zinszahlungen betragen inzwischen 480 Tsd. Euro
> das sind ca. 1% der Umsatzerlöse, was betriebswirtschaftlich für ein Unternehmen wie die KGaA ein hoher Wert ist
Zwischenfazit:
- wie erwartet ist in der KGaA inzwischen (bis auf die Immobilien, die in der Bilanz mit ca. 10,5 Mio aktiviert sind), fast nichts werthaltiges mehr vorhanden
- alle Spieler mit signifikaten (tatsächlich zu realisierenden) Marktwert wurden im Sommer 2019 transferiert (wie bekannt folgten dann im Sommer 2020 noch Anton und 2021 jetzt Ducksch, wobei man bei Ducksch schon berücksichtigen muß, daß für diesen damals auch bereits eine signifikante Ablöse gezahlt wurde)
- die Verbindlichkeiten (trotz der oben genannten Vorgänge) übersteigen trotz der Kapitalerhöhung immer noch das EK
Man (ich) dachte ja tatsächlich, daß Kind (und Rossmann und Co.) mit der Kapitalerhöhung tatsächlich mal ins eigene Risiko gegangen wären. Sind sie aber nicht (bis auf 1 Mio, die tatsächlich (laut Presse und Bilanz) direkt von Kind und Rossman als Gesellschafterdarlehen in die S&S geflossen sind.
Fazit: da die KGaA sich inzwischen nicht mehr selbst aus der Substanz (Spieler) finanzieren kann, ziehen KInd und Co. jetzt die Substanz aus der S&S und der Arena GmbH. Das erläutere ich wie gesagt nochmals separat.
Jetzt könnte man sagen: das ist ja deren Problem.
Ich denke aber, das ist und wird generell ein größeres Problem für alle, die an (attraktivem) Profifußball verbunden mit dem Namen und den Farben von H96 interessiert sind.
Denn:
1. es ist unübersehbar, daß Kind und Rossmann kein Interesse haben, mit eigenem Risikokapital das Ruder des andauernden sportlichen Abstiegs herumzureißen
2. es bedarf daher neuer (externer) Investoren; für diese wird aber das mögliche Invest immer unattraktiver
3. die Kennzahlen gleichen immer mehr einem typischen Drittligisten, die oft ein strukturelles Defizit haben
> so kann man auch die immer wiederkehrenden Äußerungen des Kindes deuten, daß der Wiederaufstieg und die damit verbundenen TV-Einnahmen alternativlos für die KGaA sind
> es läßt sich aus diesen Äußerungen, den Zahlen der vorliegenden Bilanz und allen Berichten über die abgelaufene Saison 20/21 wie auch den forecast für die laufende Saison entnehmen, daß das Kind als vollumfänglich Verantwortlicher immer noch nicht die Realität zur Kenntnis nimmt, daß H96/KGaA auf Jahre hinaus wegen fehlender finanzieller Mittel und fehlender Attraktivität im Vergleich zu einer wachsenden Zahl profitabel und professionel agierender Mitbewerber in der 2. Liga nicht mehr um den Aufstieg mitspielen wird (es sei denn, es passiert ein Fußballwunder) und es deswegen dringend geboten ist, die gesamte Struktur konsequent auf einen Verbleib zumindest in der 2. Liga auszurichten.
Dies auch vor dem Hintergrund, daß ab der Saison 2022/23 nach dann 3 Jahren in der zweiten Liga auch die TV-Erlöse nur noch Durchschnitt in der 2. Liga sein werden.
Und hier jetzt noch ein paar Vollzitate bzw. Kennzahlen aus dem Jahresabschluß:
operatives Ergebnis:
Das von der Lizenzmannschaft erwirtschaftete Ergebnis liegt zum 30. Juni 2020 (also nach der Saison 19/20) bei minus 1.78 Millionen Euro.
Wichtigste Erlöse während der Saison 19/20:
Die Werbeerträge lagen bei T€ 11.138, die Transfererlöse bei T€ 2.278 (Hinweis: das bezieht sich primär für die 1. Rate i.H.v. 2 Mio laut Presse für den Transfer von Walace (siehe dazu meine Ausführungen oben), die anderen Transfers mit aus Sommer 2019 waren schon in der 18/19 Bilanz erfaßt). Die Erträge aus medialer Verwertung und Gemeinschaftsvermarktung verringerten sich auf T€ 25.516.
Im Detail:
Trotz der genannten Umstände (Abstieg, Corona) erreichten die Erlöse aus dem Spielbetrieb im Berichtsjahr 49,7% des Vorjahresniveaus, die Erlöse aus Sponsoring erreichten 52,7% und die Erlöse aus TV- und medialen Verwertungsrechten kamen auf 62,8% des Vorjahres, wobei sich letztgenannte wesentlich durch den Abstieg in die 2. Bundesliga reduzierten.Insgesamt betrug die Gesamtleistung der Gesellschaft (Umsatzerlöse und sonstige betriebliche Erträge) zum 30. Juni 2020 mit 45.739 Mio € exakt 47,54% des Vorjahreswertes.