Aktuell gibt es einige Fragen zur Sehleistung bei Fußballern. Im Faden von Matze Ostrzolek habe ich da etwas angestossen, möchte aber dessen Faden nicht überfrachten. Daher im Folgenden einige grundsätzliche Betrachtungen aus Sicht der Sportoptik:
1. Der Mensch hat ein Blickfeld von rund 135°. - Wirklich scharf (wenn er/sie rechtsichtig ist) wird nur im unmittelbaren Zentralbereich gesehen. Zur Peripherie des Blickfelds hin sinkt die Sehleistung rapide (z.B. von 100% zentral auf rund 10% an der äußersten Peripherie). Das bedeutet, dass am Rand des Blickfelds im wesentlichen nur noch Bewegungen wahrgenommen werden. -
Und dieser Abfall der Sehleistung fällt bei unkorrigierten Fehlsichtigkeiten natürlich noch stärker ins Gewicht!2. Der rechtsichtige Mensch und die Kurzsichtigen erreichen potentiell höhere Sehleistungen (120% bis 160%) als die Weitsichtigen (90% bis 120%), wenn das Auge ansonsten gesund ist. -
Merke: Eine Fehlsichtigkeit ist keine Krankheit sondern ein Zustand im Normalfall.3. Eine sportoptische Begutachtung braucht die Vorarbeit eines (guten) Augenarztes: Er muss feststellen, ob das Auge gesund, die Netzhaut in Ordnung ist oder ob das Farbensehen in Ordnung ist. Wichtig auch: Die Messung des Gesichtsfeldes.
4. Die Refraktion (Augenglasbestimmung) sollte wiederum einem guten Augenoptikermeister überlassen werden. Das kann der besser als ein Augenarzt.
5. Diese Refraktion
muss "gründlicher" sein als beim Normalbürger. Bei uns Normalos sind geringfügige Fehlsichtigkeiten wie kleine Astigmatismen oder leichte Übersichtigkeit grundsätzlich zu tolerieren, wenn die Gesamtsehleistung trotzdem gut ist.
6. Und genau das ist bei Sportlern kontraproduktiv. Der Sportler trimmt sich körperlich und mental auf Höchstleistung. Derselbe Ansatz muss auch für die Sehleistung gelten, weil er ansonsten Einschränkungen im räumlichen und peripheren Sehen hat.Hinzukommt die Kontrolle der Sehleistung am Ort der Sportausübung (Kurzsichtigkeit auf grünem Untergrund), unter Belastung und (vermehrt wichtig) die Auswirkung von Medikamenten, z.B. Schmerzmittel, auf die Sehleistung. - Das ist das Gebiet der Sportoptik.
Ganz allgemein:
Es wird vielfach gesagt, dass rund die Hälfte der Bevölkerung fehlsichtig ist. Das ist so nicht wahr: Weitere rund 30% haben eine leichte Fehlsichtigkeit z.B. auf nur einem Auge. Diese ist meistens gering und im Alltag nicht störend und wird unkorrigiert toleriert. ... Monokel tragen ist aus der Mode gekommen ...
Wenn also rund 80% der Menschen nicht vollständig rechtsichtig sind... warum sollte das bei Fußballern ausgerechnet anders sein? - Die statistische Wahrscheinlichkeit spricht dagegen.
Vereine, die hier besonders gründlich arbeiten, haben da einen Wettbewerbsvorteil. Ich darf Euch allerdings sagen: Es sind nur ganz, ganz wenige. Interessanterweise sind uns da die Spanier (z.B. Barcelona) und so einige PL-Clubs weit voraus!
In Deutschland ist diese Thematik (in der notwendigen Tiefe) nicht einmal Bestandteil der Trainerinformation geschweige denn -ausbildung.
Nun fragt sich, woran man einen solchermaßen "gehandicapten" Spieler erkennt? - Hier einige Anhaltspunkte:
- Technische Schwächen auf einer Körperseite.
- Langsame Reaktion wenn der Spieler von der Seite (meist einer bestimmten) angegriffen wird.
- Orientierungsprobleme unter zeitlichem Druck.
- Häufung von Fehlpässen in bestimmten Situationen (meist dynamischen Spielsituationen).
Es gibt noch mehr Anhaltspunkte, aber das würde hier zu weit führen.
Ich hoffe, meine kurzen Ausführungen waren für Euch informativ.
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