Tja, so ein verrücktes Spiel. Das Ende war dann irgendwie wie in Bremen. Vorher lange nicht dort gepunktet, starker Auftritt trotz diverser Wackler und am Ende fängt man sich den Ausgleich. Weil man es wieder versäumt hat, rechtzeitig den Vorsprung auszubauen. Dass es dann am Samstag mit der quasi letzten Aktion klingelt, ist ärgerlich. Ärgerlich vor allem, weil es sich angedeutet hat. Leverkusen bekommt kaum etwas Koordiniertes hin nach vorne. Ein eigener Freistoß wird blind hergeschenkt. Dann kommt Bailey und pusht sich mit seinen Ballbehauptungen zu neuem Elan. Zwei Mann schaffen es nicht, entscheidend dazwischen zu gehen oder das Foul zu holen. Dann rutscht der Ball in der Mitte durch, wird abgelegt und natürlich kommt der Haken samt Treffer von Bellarabi, dem seit Monaten nicht viel gelungen war. Kannste dir nicht ausdenken und trotzdem überrascht es nicht.
Unterm Strich ist der Punkt wichtig und mehr als verdient. 96 schafft es momentan selbst nicht einen angeknockten Gegner auch mal auf die Bretter zu schicken. Hoffentlich wird es unter Lehrgeld verbucht und in der Nachbesprechung gewinnbringend ausgearbeitet.

Ich möchte keine Noten vergeben, aber zumindest mal ein paar Einzeleindrücke aus dem Stadion wiedergeben, ohne die genauen taktischen Vorgaben bewerten zu können:
Esser: Richtig gutes Spiel. Der Elfer war gut gehalten, auch wenn Wendells zentraler Anlauf die Ecke schon sehr eingrenzte. Soll ihm aber natürlich nicht zum Nachteil gereichen.

Im Spiel sehr wach und präsent. Im Spielaufbau sehr überlegt und umsichtig. Ein toller Abwurf auf Ostrzolek, dessen Konter leider nichts einbrachte. Er hätte ihn nochmal schicken können, allerdings war da keiner gestartet, so dass Esser sich die Zeit nahm und ruhig aufbaute.
Albornoz: Ordentlich, sehr aktiv, aber glücklos. Dass Bellarabi ihn am Ende austanzte: Geschenkt und der Unterzahl geschuldet. Da darf der Ball vorher nicht so einfach die Seite wechseln. Offensiv nicht ganz so überzeugend wie zuletzt, dennoch wurde von Leverkusen die andere Seite als die schwächere ausgemacht. Zu recht.
Felipe: Der Sonderfall. Wäre das blöde erste Handspiel nicht gewesen... Schaltete sich offensiv immer wieder mit ein. Sorgte defensiv dafür, dass Volland, Havertz und Co. ein wenig die Lust verloren. Dann das taktische Handspiel, das für mich eher passiv gewollt aussah. Er springt in den Passweg und war - so sah es für mich aus - eher überrascht, dass der Ball hoch gespielt wird. Und dann war der Arm geben noch draußen und der Reflex da. An sich eine richtige Entscheidung, der Ball abzufangen. Wäre da eben nicht die erste Gelbe gewesen. Es ist müßig zu spekulieren, ob es bei einem potenziellen Ausgleich mit 11 gegen 11 anders gelaufen wäre. Hannover hatte schon mit dem ersten Ausgleich erhebliche Probleme ins Spiel zurück zu finden.
Anton: Unauffälliger als zuletzt, was für Verteidiger nicht schlecht sein muss. Tolle klärende Grätsche nach Leverkusener Flanke. Sicher bei hohen Bällen und gefestigter im Spielaufbau. Beim Ausgleich unglücklich. Allerdings: Wie beim späten Ausgleich eine Verkettung von diversen kleineren Unzulänglichkeiten.
Elez: Fing ganz gut an und wurde zunehmend schwächer. Besann sich auf klare Klärversuche und ging wenig Risiko ein. Offensiv ohne Bindung und mit vielen unnötigen Bällen in den absolut leeren Raum. Defensiv immer wieder mit Schwierigkeiten, keine Seite dicht zu bekommen. Das merkte auch Leverkusen und fokussierte sich auf die linke Abgriffsseite.
Haraguchi: Zu Beginn sehr unauffällig, später mit sorgesken Sprunggrätschen. Schaffte es leider nicht Elez entscheidend zu unterstützen. Mit Problemen, wenn es Leverkusen mit Tempo über links versuchte. Eroberte im Mittelfeld aber viele Bälle und leitete sie gut weiter.
Walace: Am Ball eine Augenweide. Sicher, mit guter Übersicht. Leider teilweise so sehr mit Dribblings beschäftigt, dass das Tempo raus war. Gute Abstimmung mit Füllkrug, die oft die Laufwege im Konter kreuzten. In den finalen Pässen auf Fülle oder einmal auf den startenden Albornoz zu unsauber. Defensiv grundsolide.
Schwegler: Gleich zu Beginn mit einer Statementgrätsche gegen Havertz. Der Freistoß führte dann leider zum Elfmeter. Verbal sehr aktiv, defensiv auch wieder griffiger ohne es zu übertreiben. Am Ende baute er dann sichtlich ab und wurde ausgewechselt.
Muslija: Grandioser Freistoß, gute Ballbehandlung und -behauptung. Der kann was, muss sich aber noch an die Liga gewöhnen. Dauerte oft zu lange, bis er abspielte. Dann war ein Leverkusener Fuß dazwischen. Defensiv noch ein bisschen zu zögerlich - auch im Rückwärtsgang, so dass nach Ballgewinn riesige Lücken um dem Mittelkreis waren.
Wood: Es war nicht sein Spiel. Blockte Fülles Tor ab, so dass folgerichtig Abseits gegeben wurde. Bei seinen Kontern zu behäbig oder unentschlossen. Ging erst ins Tempodribbling, wenn der Passweg zu und der Gegenspieler im Nacken war. Tah und Bender liefen ihn regelmäßig souverän ab.
Füllkrug: Sehr aktiv. Bei gegnerischen Ecken als Kopfballlibero am Fünfer postiert, während Felipe Tah deckte. Offensiv glücklos. Flanken gab es eher wenige und die Konter wurden auch nicht gut zu Ende gespielt, so dass er da eher in der Luft hing.
Wimmer: Unauffällig, zögerlich bei hohen Flanken. Wartete auf den Ball, während die Leverkusener dazwischen flogen. Scheint mittlerweile vollkommen verunsichert zu sein.
Ostrzolek: Emsig, agil, unglücklich. Hatte links gegen Ende viel Platz machte aber zu wenig draus.
Bakalorz: An sich die logische Entscheidung, den Kämpfer dem Ballhandler Fossum vorzuziehen. Haute sich überall rein, so wie es zu erwarten war.
Und zum Abschluss noch ein Wort zu Ittrich: Das Paradebeispiel eines Heimschiedsrichters. Wobei er in Leverkusen ja keine Angst vor der Kurve haben musste. Der Kicker wird schreiben: Lag in allen relevanten Aktionen richtig. Stimmt, aber: Sehr kleinlich gegen 96 und überschwänglich großzügig gegen Leverkusen. Oder er ist ein spezieller Weiser-Freund. Der durfte hinfallen und der Pfiff war sicher. Sah aber bei seinen vier gelbwürdigen Vergehen (Taktisches Halten in der ersten Hälfte, Tackling am eigenen Sechzehner (gelb), Rudelbildung und Bein stehen lassen gegen Ende) nur einmal den Karton und wurde dreimal ermahnt, bis ihn Herrlich dann zur Sicherheit rausnahm. Wenn soll er eine Linie fahren, aber nicht eine für jede Mannschaft haben. Daran lag es nicht, aber ich würde mir zur Abwechslung mal einen souveränen Mann in Schwarz wünschen.
Edith meint: Morvois sieht vieles ähnlich.
