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 Rechtsradikale in den Stadien (SPIEGEL Online - Artikel) Moderations-Bereich
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 Betreff des Beitrags: Rechtsradikale in den Stadien (SPIEGEL Online - Artikel)
BeitragVerfasst: 26.03.2004 01:20 
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Bemeh hat im Pressebereich dankenswerterweise einen sehr lesenswerten SPIEGEL Online-Artikel gepostet. Hier noch einmal der Original-Link: http://www.spiegel.de/sport/fussball/0, ... 73,00.html

Es geht darin um den zunehmenden Rassismus gegenüber ausländischen Mitspielern und das Auftreten von Neonazis in der deutschen Fussball-Szene. Zu Zweitliga-Zeiten sind mir persönlich besonders unangenehm "Fans" von Waldhof Mannheim und E.Cottbus aufgefallen.
Wie sind Eure Erfahrungen? Wie schaut es aktuell in unserem Stadion aus?
Ich finde dieses Thema enorm wichtig und das Totschweigen dieser Umtriebe seitens des DFBs halte ich für mehr als bedenklich.

PP


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 Betreff des Beitrags: Re: Rechtsradikale in den Stadien (SPIEGEL Online - Artikel)
BeitragVerfasst: 26.03.2004 02:10 
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PeterPan hat geschrieben:
Ich finde dieses Thema enorm wichtig und das Totschweigen dieser Umtriebe seitens des DFBs halte ich für mehr als bedenklich.

PP


In der Tat - das gleiche dachte ich beim "Genuss" des Artikel ebenfalls!

Es handelt sich immer noch um eine Minderheit, so zumindest mein Eindruck, die aber der Mehrheit die Lust auf Fußball bei Ignoranz des Themas auch in Deutschland schnell verderben könnte. Gott sei dank sind die "Sieg"-Trommlereien, die von der angesprochenen Minderheit oft mit der längst vergangenen Fortsetzung quittiert wurden, selten geworden. In Hannover habe ich im heimischen Stadion auch schon lange (Jahre sogar) nicht mehr diese "Junglegesänge" bei der Ballberührung eines farbigen Gegners gehört, dennoch sind die Dummen nicht ausgestorben.

In der letzten Saison, als ich mit dem Sonderzug nach Bochum fuhr, haben einige auf dem Marsch zum Stadion: "Hier marschiert der nationale Widerstand!", skandiert. Schon an diesem Tage habe ich mich entschlossen, nie wieder mit dem Sonderzug zu irgendeinem Auswärtsspiel zu fahren, um nicht mit derlei Volk in einen Topf geworfen zu werden. (Dass nach dem Sieg (!) auf der Rückfahrt noch Teile des Zuges zerlegt worden...andere Baustelle...)

In erster Linie kam ich mir hilflos diesen Typen gegenüber vor da ich nicht der Hüne an Gestalt bin, um mich bei körperlich endenden Ansprachen zu wehren.

Was ich in dem Artikel über Kaiserslautern gelesen habe finde ich schon erschütternd, dass dort farbige Spieler in den eigenen Reihen spielen geradezu grotesk.

Um kurz vorm ins Bett gehen noch konkret auf Deine Frage bzgl. Hannover zu antworten: Im Stehblock ist es diesbezüglich (wie es Ärzte formulieren) unauffällig - dankenswerterweise! Hätte ich den Eindruck, in Hannover dürften ungestraft rassistische Parolen gegröhlt werden, würde ich meine Dauerkarte sofort zurückgeben!

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"...ein Beruf, der durch eine Vielzahl von Wichtigtuern, Halbgebildeten und Trunkenbolden gestraft ist."

Peter Scholl-Latour über Journalismus


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BeitragVerfasst: 26.03.2004 02:27 
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Mist da war einer schneller. :wink: War auch gerade dabei, den Thread zu eröffnen. :lol:

Mir fällt da ein Interview mit Dieter Höneß ein, (quelle - vergessen) der mal zu diesem Thema befragt wurde. Er sagte das gerade Hertha BSC davon betroffen ist und sich der Verein schon lange mit der Problematik, Gewalt und Rassismus im Stadion, auseinandersetzt. Er erzählte den Journalisten viel von den neuen Sicherheitsvorkehrungen im neuen Stadion - Überwachungskameras etc. - also mehr Zukunftsdenken als das Problem so schnell wie möglich anzupacken.

Besonders an das Aufstiegsspiel in Cottbus, kann ich mich noch gut erinnern, wo einige Heimfans Bananenschalen aufs Spielfeld geworfen haben. Besonders wenn dunkelheutige Spieler unserer Mannschaft am Ball waren, konnte man deutliches Urwaldgebrüll vernehmen. Mitte der 90 Jahre, konnte man es auch leider oft genug in unserem Stadion hören, wenn ein dunkelheutiger Spieler, vom gegnerischen Team am Ball war.

Für mich sollten die Spieler der einzelnen Vereine in die offensive gehen, denn schließlich sind es hauptsächlich die Ausländischen Spieler, die uns begeistern und besonders mit ihrer lockeren Art, viel Freude bereiten ("Giovane Elber"). Auch wir Fans können mit Plakaten im Stadion kräftig dazu beitragen, das Ausländische Spieler in der Bundesliga, immer wieder gerne gesehen sind. Beim nächsten Stammi kann man sich ja diesbezüglich ebenfalls mit dem Thema auseinandersetzen. Plakatvorschläge etc.

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Paso del Sapo (Krötenpass)...


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BeitragVerfasst: 26.03.2004 11:01 
AndréMeistro hat geschrieben:
Mir fällt da ein Interview mit Dieter Höneß ein, (quelle - vergessen) der mal zu diesem Thema befragt wurde. Er sagte das gerade Hertha BSC davon betroffen ist (...)

Kann ich so bestätigen. In der letzten Saison waren nach dem Spiel in Hannover diverse "nette junge Männer mit modischer Kurzhaarfrisur" zu sehen die regelrecht durch die Straßen marschierten. Fehlte eigentlich nur noch ne Armbinde und ein erhobener rechter Arm... :x

In Hannover gibt es definitiv auch noch rechten Müll im Stadion. Allerdings fällt er, so mein Eindruck, nur durch Anwesenheit und nicht mehr durch Aktionen auf. Zumindest im Wesentlichen. Letzte Saison (beim Heimspiel gegen Cottbus) sah das ein wenig anders aus: Ein paar Gestalten, die den Roten Wölfen zuzuordnen sind, haben fröhlich Fascho-Lieder im N48 gesungen. Ordner die daneben standen haben es scheinbar überhört. Sie haben auch nicht eingegriffen, als es nach dem Spiel Handgreiflichkeiten zwischen den Personen und einigen Fans, die verbal Contra gegeben hatten, kam. Folge war übrigens, dass der Haupttäter (auch wegen einschlägiger Vorstrafen) 10 Monate Haft ohne Bewährung aufgebrummt bekam (6 Monate waren von der Staatsanwaltschaft gefordert worden :lol:).

Was ich persönlich noch sehr bedenklich finde, ist, dass Gesänge mit rechtem Gedankengut (Beispiel: U-Bahn-Lied) immer wieder – i.d.R. von sehr jungen Fans – von Leuten aufgegriffen werden, die vermutlich sonst nichts mit Rassismus oder Faschismus am Hut haben. Das liegt bei denen natürlich klar an Unwissenheit (Zitat: Wieso, das singen doch alle beim Fußball), macht es aber nicht wirklich besser.


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BeitragVerfasst: 26.03.2004 12:32 

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Gegen dieses rechte Gedankengut kann man nur mit aufrechtem Gang entgegentreten. Jeder, der solche Parolen im Stadion sieht oder hört, sollte sich nicht scheuen, sofort den nächsten gelben Ordner anzusprechen, damit für Abhilfe gesorgt werden kann. "Überhören" oder "Übersehen" dies die gelben Ordner oder wollen es nicht sehen (Ordner-Nr. merken !), sofort die blauen Ordner ansprechen. Dies sind die verantwortlichen Ordner (oder Polizei ansprechen).

Lt. Stadionordnung hat Hannover 96 das Hausrecht bei der Veranstaltung und duldet diese "Ausfälle" in keinster Weise und es wird für die betroffenen Personen ein Zutrittsverbot verhängt und ggf. Strafanzeige gestellt.
Soweit ich weiß, hat Herr Kind versichert, in keinster Weise Rassismus oder sonstiges Zeigen von derartigen Symbolen (wozu auch die Reichskriegsflagge gehört !) zu unterbinden.

Mein Eindruck ist, dass seit Kind Präsident ist, diese Auswüchse in der AWD-Arena stark zurückgegangen sind. Wir sollten alle wachsam sein, und alle mithelfen, dass unser Stadion ein gastfreundschaftliches Stadion bleibt.

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BeitragVerfasst: 26.03.2004 12:38 

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Sorry, dieser Satz ist natürlich unvollständig:
Soweit ich weiß, hat Herr Kind versichert, in keinster Weise Rassismus oder sonstiges Zeigen von derartigen Symbolen (wozu auch die Reichskriegsflagge gehört !) zu unterbinden.

Richtig muß es heißen:
Soweit ich weiß, hat Herr Kind versichert, in keinster Weise Rassismus oder sonstiges Zeigen von derartigen Symbolen (wozu auch die Reichskriegsflagge gehört !) zu dulden.

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BeitragVerfasst: 26.03.2004 13:31 
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Zunächst einmal, PeterPan, ist es gut, in einer wichtigen Frage im selben Boot zu rudern.

Also, meine höchst subjektive Wahrnehmung: Insgesamt ist es in der Liga noch lange nicht gut, aber erheblich besser geworden. In Dortmund, beispielsweise, ist es gelungen, die ehemals einflussreiche "Borussenfront" zu zerschlagen (um mal in deren Sprachgebrauch zu bleiben).

Bei uns registriere ich eigentlich auch einen eher postiven Trend. Einzelne Irre und Fehlgeleitete gibt es immer. Richtungsweisend auch, dass Linke und Sievers vor ein paar Jahren dafür gesorgt haben, dass dieses unsägliche Niedersachsenlied nicht mehr gespielt wird.

Rote Grüße

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„Dass wir den Aufstieg nicht schaffen, wird nicht passieren." Martin Kind


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BeitragVerfasst: 26.03.2004 13:40 
Um genau zu sein: Ausschlaggebend dafür, dass das Lied nicht mehr im Stadion gespielt wird, war damals Mirko Baschetti. Er hat die Sache im Spielerrat thematisiert und dieser hat dann dafür gesorgt, dass der DJ die Scheibe nicht mehr auflegt.

Grund dafür war übrigens meines Wissens nach nicht das Lied als solches (es hat zwar sicher eine rechte Tendenz, ist aber auch nicht wirklich so rechts, dass es verboten werden müsste), sondern die Situation im Fanblock: Irgendwelche Faschos meinten nämlich während des Liedes den Hitlergruß machen zu müssen.


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BeitragVerfasst: 26.03.2004 14:42 
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Es ist doch immer wieder verwunderlich das überhaupt Leute aus der Rechten Szene (bzw. kleine Mitläufer) ins Stadion gehen.
Ich glaube keine Mannschaft in der Bundesliga hat zu 100% nur deutsche Spieler. Das ist meiner Meinung nach totaler Schwachsinn, denn damit schiessen sie sich ja ein Eigentor.
Und: Gejubelt wird natürlich trotzdem wenn ein Ausländer ein Tor schiesst :roll:

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BeitragVerfasst: 26.03.2004 19:17 

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Ich denke, dass die Situation sich seit den 80er und frühen 90er Jahren deutlich verbessert hat. Gerade im eigenen Stadion habe ich in den letzten Jahren derartige Ausfälle nicht mehr erlebt. Dies liegt meiner Meinung aber nicht nur an der klaren Linie des Vereins, sondern auch daran, dass in Hannover genug Leute in der Fan-Szene aufgrund ihrer eigenen politischen Haltung und ausreichend Zivilcourage im Zweifelsfall contra geben würden und die rechten Spinner so eher ruhig bleiben. Allerdings könnte die Tendenz auch sehr schnell wieder umkippen und gerade bei Auswärtsfahrten erlebt man auch anderes. Die Gesänge einiger Schalker in der Straßenbahn gingen jedenfalls schon eindeutig in eine rechte und gewaltverherrlichende Richtung und als Auswärtsfan steht man da dann doch lieber nicht auf :twisted:


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BeitragVerfasst: 26.03.2004 19:57 
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Also mein schlimmste Erlebnis verbinde ich da mit einigen Vollidioten aus Rostock. Ich war mit einem Kumpel zum Spiel S04 - Bayern, ebenso unterwegs waren die Roten gen Köln und Hansa spielte in Gladbach.

Auf der Rückfahrt im Westfalen-Express waren dann friedlich vereint Gladbach,Bayern,Schalke,Köln, und 96 Fans ..... nur die Hansa-Meute wurde in einem Sonderabteil vom BGS beäugt.

Auf der Fahrt stiegen dann immer mehr Leute aus, in Minden dann umsteigen, mittlerweile waren es nur noch Hansa-Fans,96er und halt vereinzelt S04 und Bayern Fans, die wohl aus Richtung Hannover kamen.

Wir also rein in den Zug, aber der BGS blieb draußen :twisted:

Dann fing der "Spass" erst richtig an, unsägliches gegröhle rechter Parolen, Sticheleien, Pöbeleien gegen jeden. Ebenfalls im Zug war ein junges Mädchen aus Asien. Der war die Angst förmlich in Gesicht geschrieben, aber wir Hannoveraner haben sie beschützt 8)

In diesem Moment war es mir war es sowas von peinlich und unangehm Fussballfan zu sein.

In Hannover sind wir dann raus und der BGS wieder rein .... auf meine Frage warum denn ab Minden niemand mehr vom BGS dabei gewesen war, sagte man mir, es gab Abstimmungsprobleme zwischen den Einheiten :twisted: :twisted:

Nur mal so gedacht, warum spielen in Rostock vorwiegend Nordeuropäische Ausländer ?

Sorry für das lange Posting :roll:


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BeitragVerfasst: 26.03.2004 20:08 
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Neben dem Verschweigen seitens des DFB finde ich diesen Satz aus dem Spiegel-Artikel noch immens wichtig:

....'aber hier stimmen sie in der Hauptstadt rechte Lieder an, der Innenminister sitzt als Ehrenmitglied auf der Haupttribüne und niemand unternimmt was. Das ist doch bizarr!' Bei jedem Feuerwerkskörper ermahne der Stadionsprecher die Fans, aber bei ausländerfeindlichen Gesängen ergreift nur sehr selten jemand das Wort.
------------------

Hier müsste doch der Anfang gemacht werden, aber vermutlich möchte kein Verein per Fernsehen dokumentiert haben, dass solche Auswüchse bei ihm existieren. Solange man aber immer in der Defensive bleibt, müssen sich diese braunen Fans auch noch bestärkt fühlen, weiterzumachen. Wenn sie aber öffentlich bloßgestellt und gerügt werden, würden sie sich vielleicht beim nächsten Mal überlegen, ob sie ihre Mäuler wieder so weit aufreißen.


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BeitragVerfasst: 26.03.2004 21:16 
btw: Sehr gute (Schalker) Seite zu dem Thema: dem ball ist egal, wer ihn tritt


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BeitragVerfasst: 19.11.2004 01:25 
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Rassistische Rufe in Spanien empören Engländer
Rassistische Schmährufe des Publikums gegen schwarze Fußballer beim Länderspiel zwischen Spanien und England (1:0) haben in Großbritannien eine Welle der Empörung ausgelöst.

Premierminister Tony Blair äußerte sich entsetzt. "Rassismus hat im Sport und anderen Bereichen nichts zu suchen", ließ der Regierungschef über einen Sprecher in London erklären. Der Weltfußballverband FIFA kündigte Untersuchungen an und forderte den spanischen Verband zu einer Stellungnahme auf. "Die FIFA ist besorgt über die jüngste Zunahme rassistischer Vorkommnisse im Fußball und verurteilt diese Auswüsche", hieß es in einer Erklärung. FIFA-Präsident Joseph Blatter machte deutlich: "Rassismus und Diskriminierung haben in unserem Sport keinen Platz."

Beim Länderspiel im Madrider Bernabeu-Stadion waren die dunkelhäutigen englischen Spieler Jermaine Jenas, Ashley Cole and Shaun Wright-Phillips vom Publikum systematisch ausgebuht und mit Affengeschrei verhöhnt worden. "Das war das Schlimmste, das mir je widerfahren ist", sagte Jenas. "Es war skandalös. Es muss etwas geschehen." Mitglieder der britischen Regierung verlangten von Spanien eine Entschuldigung. Englands Nationaltrainer Sven-Göran Eriksson forderte, die Europäische Fußball-Union (UEFA) und der Weltverband (FIFA) sollten gegen Spanien vorgehen.


Spaniens Regierung verurteilte das rassistische Verhalten der Zuschauer "auf das Schärfste". "Rassistische Äußerungen sind nicht hinzunehmen, weder im Sport noch anderswo." Die Regierung wies aber zugleich darauf hin, dass die Schmährufe nur von einer "Minderheit" der Zuschauer ausgegangen seien.

Die britische Presse meinte übereinstimmend: "Es war eine Schande." Die "Daily Mail" sprach von einer "beschämenden Schlacht im Bernabeu-Stadion" und von "krankem rassistischem Spott". Nach Ansicht des "Daily Telegraph" hatten die Sprechchöre sogar Einfluss auf das Ergebnis: "Die Nacht der Schande betäubt England."

Die Zwischenfälle waren der traurige Höhepunkt eines seit Wochen schwelenden Rassismus-Streits zwischen dem englischen und dem spanischen Fußballverband. Der Streit war ausgelöst worden vom spanischen Nationaltrainer Luis Aragones, der den Stürmer Thierry Henry (Arsenal London) als "Scheißneger" bezeichnet hatte. Rassismus-Vorwürfe in der britischen Presse konterte der Coach mit einem Hinweis auf die koloniale Vergangenheit der Briten. Auch beim U-21-Länderspiel Spanien gegen England in Alcala de Henares gab es rassistische Entgleisungen im Publikum.

Der britische Europaminister Denis McShane verlangte von den Verantwortlichen in Spanien eine "öffentliche Entschuldigung". Der Londoner Staatsminister für Sport, Richard Caborn, erklärte: "Ich möchte, dass der spanische Verband diese Szenen verurteilt. Ich bin fest davon überzeugt, dass auf höchster Stufe Maßnahmen ergriffen werden müssen." Piara Powar, Sprecher der Anti-Rassismus-Organisation "Kick It Out", forderte gar: "Die UEFA muss Spanien mit einem Stadionverbot bestrafen." Nationalcoach Eriksson meinte nach dem Länderspiel in Madrid: "Ich glaube, dass wir in England bei der Bekämpfung des Rassismus weiter sind als andere Länder."

Die Spanier brachten demgegenüber vor, die Engländer hätten im Bernabeu-Stadion eine überaus ruppige Gangart eingeschlagen. Englands Torjäger Wayne Rooney stand nach einer Serie rüder Fouls am Rande eines Feldverweises. Eriksson wechselte den Jungstar noch vor der Pause aus, um ihm die Rote Karte zu ersparen. "Die Spanier spielten Fußball, und die Engländer traten nur um sich", titelte das Sportblatt "As". Verteidiger Asier del Horno erzielte in der 8. Minute den Siegtreffer für die Spanier in deren 500. Länderspiel.

dpa | 18.11.2004 18:09


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Rassismusvorwürfe

Spaniens Nationalcoach unter Beschuss

Luis Aragonés ist als Trainer für seine unorthodoxen Methoden berüchtigt. Nun ist der Spanier in de Schlagzeilen geraten, weil er Nationalstürmer José Antonio Reyes mit fragwürdigen Sprüchen motivieren wollte. Ein Außenmikrophon nahm einen abfälligen Kommentar über Arsenal-Spieler Thierry Henry auf.

Madrid - "Du bist besser als diese schwarze Scheiße", lauteten die Worte von Aragonés, die eine TV-Kamera während des Trainings für das WM-Qualifikationsspiel gegen Belgien am kommenden Samstag mitgeschnitten hat. Um seinen Worten mehr Nachdruck zu verleihen, rieb Aragonés sogar noch die Stirn an die von Reyes. Mehrere Reporter wollten während des Trainings für das WM-Qualifikationsspiel gegen Belgien am kommenden Samstag auch die Worte "Scheißneger" und "Hurensohn" vernommen haben.

In England lösten diese Äußerungen Empörung aus. "Dies grenzt an einen Aufruf zum Rassenhass", schimpfte Bobby Barnes von der Initiative "Fußball gegen Rassismus". Die Zeitung "Daily Mirror" hielt dem Trainer vor: "Aragonés ist bekannt für sein Verhalten, das oft die Grenzen zum Rassismus überschreitet." Und "The Sun" argwöhnte: "Dieser Ausfall kann den Trainer den Posten kosten." Die Blätter erinnerten an die Affäre um Ron Atkinson. Der Ex-Trainer von Manchester United hatte sich im Frühjahr in ähnlicher Weise abfällig über Marcel Desailly geäußert und deshalb seinen Job als TV-Kommentator und Kolumnist verloren.

Missverstandener Scherz

Aragonés selbst verstand die Aufregung um seine Worte nicht: "Ich wollte den Spieler Reyes nur motivieren. Ich bin ein Weltbürger und kein Rassist. Einige meiner besten Freunde sind schwarzer Hautfarbe." Die ganze Aktion sei ein Scherz gewesen, versicherte Reyes. Er habe dabei sogar noch seine Stimme verstellt. Doch auch in Frankreich fand man die Äußerungen nicht zum Lachen. "Man sollte Aragonés für seine rassistischen Sprüche verklagen", echauffierte sich Henry-Kollege Robert Pires, "was er gesagt hat, war überhaupt nicht komisch."

Aragonés ist mit 757 Erstliga-Spielen der mit Abstand erfahrenste Trainer in Spanien. Die Nationalelf übernahm er erst in diesem Sommer nach deren Scheitern bei der Europameisterschaft in Portugal. In Spanien ist "der Weise von Hortaleza", wie der Trainer genannt wird, für seine eigenwilligen Methoden bekannt.

Für die Äußerungen über Henry zeigte aber auch die spanische Presse nur wenig Verständnis. Die Sportzeitung "Marca" sprach von einer "gefährlichen Therapie". Das Konkurrenzblatt "As" wurde deutlicher: "So etwas sagt man einfach nicht, egal ob die Mikrofone angeschaltet sind oder nicht. Luis hätte wissen müssen, dass er als Nationaltrainer auch repräsentative Pflichten hat." Die Zeitschrift "Sport" urteilte: "Aus dem Zusammenhang gerissen, klingt der Kommentar vielleicht aggressiv, aber jeder der Beteiligten war sich sofort klar, dass dies die Art von Humor ist, mit der Aragonés seinen Spieler motivieren wollte."

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„Kriminelle haben im Fußball nichts zu suchen!"
― Uli Hoeneß


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BeitragVerfasst: 13.12.2004 16:26 
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Der entspannte Kanzler und sein sorgenfreier Samstag
von Oskar Beck

Unser Kanzler hat seinen politikfreien Samstag mal wieder genutzt, um Fußball zu schauen. Bei seinem Heimatderby war er, Hannover gegen Berlin, Wohnsitz eins gegen Wohnsitz zwei. "Das Mittelfeld könnte beiderseits zügiger überbrückt werden", hat man ihn in alle verfügbaren Mikrophone und dazugehörigen Kameras ungefähr sagen hören, "aber ich bin nicht enttäuscht." Im Gegenteil: Gerhard Schröder hat sich anmerken lassen, wie entspannt er ist.


Das können nicht alle Staatschefs Europas zur Zeit von sich sagen, am wenigsten der spanische. Der geht neuerdings nur noch zitternd zum Fußball - denn in der Primera Division hat sich unter von mangelhafter Durchblutung heimgesuchten Fans die Unsitte breit gemacht, Affengebrüll ("Uhuhuhu") in Richtung dunkelhäutiger Spieler anstimmen.


Als Wurzel des Übels gilt, erschrecken Sie nicht, der spanische Nationaltrainer Luis Aragones. Jedenfalls hat übers Wochenende eine von der Madrider Regierung gebildete Kommission gegen Gewalt den Fußballverbandspräsidenten Angel Maria Villar aufgefordert, ein Disziplinarverfahren gegen seinen obersten Übungsleiter einzuleiten - wegen rassistischer Äußerungen. Ohne daß Aragones es mitbekam, liefen vor ein paar Wochen Kameras mit, als er seinen für Arsenal London stürmenden Landsmann Reyes für den dortigen Konkurrenzkampf gegen den Franzosen Thierry Henry mit dem zündenden Rat impfte: "Sag dem ***, daß Du besser bist als er." Zur Untermauerung sollen auch noch die Steigerungsformen "Scheißneger" und "Hurensohn" gefallen sein.


"Ich bin kein Rassist", wehrt sich Aragones seither originell, "ich wollte Reyes nur motivieren." Dummerweise hat er aber vor allem die Rassisten motiviert. Wie die Heuschrecken fallen sie als Plage seither über den Fußball her, mit Exzessen in halb Europa, aber vor allem in Spanien. Kürzlich traf Samuel Eto'o, den Torjäger Barcelonas aus Kamerun, das geballte Urwaldgebrüll, für Leverkusens Brasilianer Juan und Roque Junior wurde das Champions-League-Spiel bei Real zum Spießrutenlaufen, und die farbigen Engländer Rio Ferdinand und Ashley Cole mußten im Länderspiel gegen Spanien derartige Pöbeleien aushalten ("Steht auf, wenn ihr nicht scheißschwarz seid!"), daß sich neben Sue Cole, der erbosten Mutter von Ashley, inzwischen sogar Tony Blair himself zu Wort gemeldet hat.


Nichtsdestotrotz galoppiert der Trend durch halb Europa: Im UEFA-Cup kam es kürzlich in Bukarest gegen Besiktas Istanbul zu Auswüchsen, und in Rom haben sich Lazio-Fans einen Afrikaner von Partizan Belgrad vorgeknöpft: Auch Silvio Berlusconi bleibt also besser zu Hause - und beneidet unseren Kanzler, der sich beim Fußball so entspannt zurücklehnen kann. Denn hierzulande herrscht Ruhe.


Unsere Rassisten auf den billigen Plätzen sind seit Jahren dabei, zu verstummen. Selbst über den schwarzen Humor des unvergessenen ZDF-Boxreporters Werner Schneyder ("Den *** erkennen Sie an der weißen Hose") wird nicht mehr offen gelacht - die wenigen, die im Stadion noch inkognito unter uns lauern, haben offenbar mindestens einen anständigen Deutschen neben sich sitzen, der sie notfalls in die folgenden kniffligen Fragen verwickelt: Wer ist a) der beste Fußballspieler, b) der beste Boxer, c) der beste Basketballspieler und d) der beste Golfspieler aller Zeiten? - und e): Was haben Pele, Muhammad Ali, Michael Jordan und Tiger Woods gemeinsam? Mit den richtigen Antworten ist jeder Rassist in seiner Verblüffung derart beschäftigt, daß er gar keine Zeit mehr hat, dunkelhäutige Fußballspieler zu beschimpfen.


Jedenfalls liegt der letzte Fall des leichtfertigen Umgangs mit der Hautfarbe anderer Jahre zurück: Der Verteidiger Thorsten Legat kritzelte seinerzeit in Stuttgart auf ein Werbeposter, auf dem sein Mitspieler Pablo Thiam beim Sprudeltrinken zu sehen war, den Kommentar "Negersaft" - worauf ihn der damalige VfB- und heutige DFB-Präsident von allen Vertragspflichten auf der Stelle entband. Konsequenterweise hat Gerhard Mayer-Vorfelder inzwischen auch noch den Bundestrainer Klinsmann geholt, der kein Aragones ist - sondern auf der Asienreise diese Woche die Flanken von Patrick Owomoyela auf Gerald Asamoah schlagen läßt.


Jedenfalls muß sich unser Kanzler nicht auch noch wegen des Fußballs Sorgen machen, sondern kann dabei abschalten wie am Samstag. Weil er beim richtigen Spiel war, hat er sich zu allem Glück auch noch den einzigen Mißton erspart, für den eine Schar Mecklenburger in Form eines wikingerfeindlichen Transparents sorgte: "Schweden raus, Ossis rein!" Aber das ist kein Rassismus - sondern nur Rostocker Ostalgie.


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