@roter könig
Ich möchte Dir daraus keinen Vorwurf machen, aber Du scheinst über die rechtsextreme Szene und insbesondere über die NPD eher wenig informiert zu sein.
In unserem Land wird über den Rechtsextremismus entweder hysterisch oder gar nicht geredet. Das eine ist so fatal wie das andere.
Ich bin nicht dafür, daß Problem "Rechtsextremismus" zu vernachlässigen und genausowenig folge ich Deiner Linie, das Problem alleine an den Wahlergebnissen der NPD festmachen zu wollen.
Dies aus verschiedenen Gründen, die ich hier gerne erläutern möchte ... auch wenn es ein ganzes Stück weit "off topic" geht.
Die NPD arbeitet nicht konkret daran, in den Bundestag zu gelangen oder bei Bundestagswahlen möglichst hohe Ergebnisse zu erzielen. Sie ist daran interessiert, in jenen Regionen, in denen sie bereits heute stark vertreten ist, noch stärker zu werden.
Ihre recht knappen Geldmittel für den Wahlkampf setzt sie schwerpunktmäßig in diesen Regionen ein.
Und dennoch ist es ihr auch bei der letzten Bundestagswahl gelungen, ihren Stimmenanteil zu vervierfachen. Es sind zwar letztendlich "nur" 1,6 % aller abgegebenen Stimmen gewesen, aber dies ist wohl nur auf den ersten Blick mit Sorglosigkeit zu betrachten.
Es gibt in Ostdeutschland Wahlbezirke, in denen die NPD zwischen 10 % und 20 % erreicht, Regionen in denen sie stark an einer Faschisierung arbeitet und in denen sie durchaus damit erfolgreich ist, sich mit ihren Kadern in der Mitte der Gesellschaft zu etablieren.
Das sind Orte, in denen Rechtsextremismus nicht mehr nur mit Wahlergebnissen bemessen werden kann, sondern in denen man sich mal darüber Gedanken machen müsste, wie man Rechtsextremismus anhand von Einstellung und Weltbild des einzelnen Bürgers messen könnte ... um dann wahrscheinlich mit großem Schreck auf ein deutlich höheres Ergebnis zu kommen. Die NPD ist dort nah an der Bevölkerung und das ist vollkommen normal. Auf komunaler Ebene findet eine Zusammenarbeit mit den etablierten Parteien statt.
Das die NPD nur ein Haufen ewig gestriger und übrig gebliebener Altnazis ist, stimmt heute auch nicht mehr. Das Durchschnittsalter ihrer Mitglieder liegt bei etwa 37 Jahren, die Tendenz ist fallend.
Ein Stichwort heisst auch "national befreite Zonen" und diese sind durchaus bereits existent. Überregional wird das nicht wahrgenommen, regional ist auch das schon teilweise Normalität.
Im Landtag von Sachsen oder dem von Mecklenburg-Vorpommern arbeiten die Abgeordneten der NPD zudem auffallend emsig, was aufgrund ihrer Fanatisierung auch kaum verwunderlich erscheint, in den interessierten einfachen Wählerschichten aber durchaus zur Kenntnis genommen wird. Die DVU und andere Parteien des rechten Spektrums fielen während ihrer Zugehörigkeit in einigen Landesparlamenten oft durch Dilletantismus und interne Streitigkeiten auf, dies ist bei der NPD anders.
Öffentlichkeitswirksam nutzen sie dort ihre Chance, wenn ein Vergewaltiger die Gerichte zum Narren hält oder auf Gefängnisdächern spazieren geht ... oder wenn sie der Stadt Dresden und dem "Bombenterror der Alliierten", anstatt den Opfern des Holocaust gedenken möchten. Die Parlamente sind hierfür eine Bühne, die dort vetrtetenen etablierten Parteien agieren ziemlich hilf- und kopflos im Umgang mit der NPD. Eben weil die NPD und ihre Köpfe ein feines Gespür für Themen entwickeln, die man mit zu erwartendem Zuspruch aus der Öffentlichkeit besetzen kann ... auch wenn diese Themen aktuell noch eher regional geprägt sind.
In erster Linie sind Landtag und Abgeordnete Geldmaschinen für die NPD, die Abgeordneten spenden einen großen Teil ihrer Bezüge nämlich an die Partei und die Wahlkampfkostenerstattung sowie andere staatliche Zuwendungen für die Fraktionsarbeit in einem Landtag sind auch keineswegs zu verachten.
Über die NPD, freie Kameraden und rechte Netzwerke gibt es eine Menge Wissenswertes und man sollte es streng vermeiden, dieses Problem zu verharmlosen oder es sich so einfach zu machen, zu sagen, daß es eine NSDAP, einen Führer oder eine Wiederholung des Holocaust in unserem Land schließlich nicht wieder geben wird.
Das ist sicherlich nicht zu befürchten, steht in der Diskussion um die heutige Situation die NPD und den Rechtextremismus betreffend aber auch nicht zur Debatte.
Der NPD und dem Rechtsextremismus gegenüber gibt es keine Toleranz.
Man sollte nämlich tunlichst nicht vergessen, daß Rechtsextreme selbst es sind, die sich ausgrenzen und sich außerhalb menschlicher Werte und der Menschlichkeit stellen.
Um nun aber den Bogen zurück zu unserem Clubheim und somit zum eigentlichen Thema zu spannen ...
... Hannover 96 führt seine Initiative gegen Rechtsextremismus nach meiner Meinung gerade ad absurdum.
Es werden eine Vielzahl von Fakten ignoriert, die darauf hindeuten, daß das Problem größer ist, als bisher bekannt wurde und dennoch wird die Öffentlichkeit geflissentlich für blöde verkauft.
Das dürfte einen Grund haben. Ich vermute, es ist der Pächterin kaum zu verbieten, Gäste dieser Art zu bewirten und auf diese Art und Weise ihr Geld zu verdienen.
Eine entsprechende Klausel in den (branchenüblich) zehnjährigen Pachtvertrag einzubauen, ist nach meiner Kenntnis einseitig nicht möglich.
Man ist also auf das Einverständnis der Wirtin angewiesen, die für den Fall einer freiwilligen Vertragsänderung vielleicht sogar selbst gewisse Forderungen an den Verein stellt.
Dies entspricht auch der Erklärung von Martin Kind, man wolle der Wirtin "helfen" und deutet auf ein entsprechendes Aggreement (vielleicht eine geringere Pacht oder garantierte Vereinsveranstaltungen in der Gaststätte) hin.
Das eigentliche Problem, die dringende Frage "Wie konnte es überhaupt dazu kommen" besteht jedoch weiter und hier ist nüchtern betrachtet folgendes zusammenzufassen :
- das Treffen eines "Stammtisches nationaler Kräfte" in der Clubgaststätte wird bekannt. Ein Mitglied des Vereins Hannover 96 wird durch Besucher dieser Veranstaltung bedroht. Warum es zu diesen Bedrohungen kam, dürfte klar sein ... irgendwie passte das Opfer nicht in das völkisch rassistisch geprägte Weltbild der Täter. Bei dieser Veranstaltung treten hochrangige und bundesweit agierende Neonazis als Redner auf.
- die Wirtin spricht von einem einmaligen Vorgang, sie habe die Rechten aufgrund normaler Kleidung und Haartracht nicht als solche erkennen können. Ohnehin brauche sie das Geld aus solchen Veranstaltungen, unabhängig vom Veranstalter.
- die NPD reagiert auf ihrer Internetseite des Unterbezirkes Hannover mit einem Bericht, auffällig hierbei ist : Die Wirtin der 96-Gaststätte wird hierbei unverhohlen in Schutz genommen.
Zitat:
[...]Nach unseren Informationen hat eine Veranstaltung stattgefunden. Diese wurde jedoch weder durch unseren Verband noch durch dessen Mitglieder angemeldet.
Unserer Kenntnis nach hat eine parteifremde Person den Saal reserviert, ohne die Wirtin über den Inhalt der Veranstaltung in Kenntnis zu setzen. Auch die Redner wurden definitiv nicht angekündigt!
Der Pächterin hier einen Strick drehen zu wollen ist völlig absurd, da sich gerade in der heutigen Zeit Gastwirte über jede Frequentierung glücklich schätzen können...
Wir möchten jedoch ausdrücklich darauf hinweisen, dass es sich bei den Kameraden Rieger und Wulff um hervorragende, politisch geprägte und erfahrene Redner handelt und wir uns auch in Zukunft weder von den Blättern der Madsack-Gruppe und dem Revolverblatt mit den vier Buchstaben, noch von der TAZ diktieren lassen, wer hier in der Region Hannover zum deutschen Volk spricht![...]
- durch Verfassungsschutz und die Bestätigung des Vereins bezgl. intern vorhandener Kenntnisse wird bekannt, daß es bereits mehrere Zusammentreffen rechtsextremer Personen mit Veranstaltungscharakter in der Gaststätte gab. Auch andere hochrangige Personen aus dem rechten Spektrum sollen hierbei als Redner aufgetreten sein. Der Verein war hinreichend informiert. Götz von Fromberg soll gehandelt haben, indem er einen "scharfen" Brief mit einer Unterlassungsauffoderung, solche Veranstaltungen zu dulden, an die Wirtin verfasst habe.
- es wird eine interne Untersuchung angekündigt, der Verein will prüfen
- im Ergebnis erscheint kurze Zeit später eine Erklärung, daß diese Untersuchung abgeschlossen ist. Es sei der Wirtin nicht offensichtlich gewesen, daß es sich um Rechtsxtreme gehandelt hat. In Zukunft soll eine vertragliche Klausel derartige Treffen verhindern. Im Weiteren soll der Wirtin geholfen werden.
Es mag sich jeder selbst seinen Reim auf die Ereignisse machen, ich halte die Sache für einen Skandal erster Güte.
Und genausso wie Herr Fürst denke ich mittlerweile ernsthaft darüber nach, meine Mitgliedsnummer demnächst wieder zur Verfügung zu stellen.
Ich kann nachvollziehen, wie sich ein Mitglied der jüdischen Gemeinde und von Hannover 96 fühlen muss, wenn er zunächst mitgeteilt bekommt, daß sich im engsten Umfeld seines Vereins Antisemiten und Holocaustleugner aufhalten dürfen ... mehr noch ... daß ihnen eine Plattform geboten wurde und er daraufhin auch noch feststellen muss, daß auf diesen Vorgang mitnichten eine tatsächliche und abschließende Untersuchung über das "Wie und Warum" stattfindet, sondern der Mantel des Schweigens über die Sache ausgebreitet wird.
Ich glaube, die Wahrheit ist unbequemer und unangenehmer, als hier teilweise angenommen wird.
Und wer NPD und Rechtsextreme verharmlost, sollte sich schleunigst aus seiner heimeiligen Sofakuschelwelt heraus begeben und nicht erst dann empört aufschreien, wenn bei Sabine Christiansen nach aktuellen Ereignissen über rechte Gewalt diskutiert wird, beispielsweise weil kurz zuvor mal wieder irgendwo in Deutschland spektakulär ein Afrikaner totgetreten wurde und anschließend tägliche Meldungen über beschmierte Synagogen oder Übergriffe rechter Gewalt diese selbst erst wieder in den Fokus der Öffentlichkeit rücken.
Man will sich schließlich auch nicht mit inaktuellen Themen überlasten, diese Woche echauffieren wir uns schließlich zunächst mal über Gewaltspiele und Horrorfilme, ansonsten abwechselnd über Feinstaub, Gammelfleisch und Vogelpest.
Ich bleibe dabei, wird das Thema Rechtsextreme in der Vereinsgaststätte in Hannover nicht abschließend behandelt, bekommt 96 demnächst meine Mitgliedskarte zurück.
Dieses Thema ist mir zu wichtig, als ignorieren zu können, daß sich Neonazis im Umfeld von Hannover 96 bewegen konnten und dies im Nachhinein nur unzureichend aufgeklärt wird.
Edit : Teilweise bin ich beim Schreiben dieses Textes von den aktuellen Meldungen (insbesondere dem letzten HAZ-Artikel, der meine Befürchtungen bezgl. des Pachtvertrages bestätigt) überholt worden.
@roter michel : Ich.
Wer Fakten bewußt ignoriert und herunterspielt, braucht der Realität nicht mehr ins Auge sehen. Dein Showkampf ist völlig unakzeptabel, weil die Ereignisse dafür viel zu ernst sind. Lebe weiter in deiner eigens produzierten Scheinwelt, doch bitte verschone uns davon.
Gut das es User gibt die sich für dieses Thema interessieren und engagieren, ihr Wissen gerne weitergeben bzw. einige Ungereimtheiten aufdecken um deutlich zu machen, dass der Kampf gegen Rechstextremismuss keine Eintagsfliege ist. Vor solchen Menschen wie Rote Leuchte - der dies mit so viel Engagement tut - kann ich nur den Hut ziehen und Danke sagen. Warum Rote Leuchte detaillierte Aufklärungsarbeit leistet und was er damit bezwecken möchte, dürfte wohl jedem klar sein?
Tut mir echt leid für dich.