Ich habe mich, wie meistens wenn wir Samstags spielen (wenn wir denn mal Samstags spielen), um kurz vor eins auf den Weg Richtung Bahnhof gemacht. Dieser wurde, entgegen meiner Befürchtungen, nicht von Bayern-, sondern von Hannoverfans bevölkert. Ebenso sah es dann im RegionalExpress aus. Sehr schön.
Nachdem ich erstmal verwirrt auf eine Zweiergruppe geschaut und versucht habe, deren Schals zu entziffern, riefen sie mir schon entgegen "Komm, setz dich zu uns". Dose Warsteiner zur Begrüßung, wunderbar. In dem sehr freundlichen Gespräch während der Fahrt stellte sich heraus, dass die beiden Männer aus Wuppertal kamen und auf dem Weg nach Brownschwaig waren. Sie haben ihren Zug verpennt und werden, wenn überhaupt, frühestens zur zweiten Halbzeit da gewesen sein.
Ich habe ihnen natürlich alles Glück dieser Welt gewünscht, was leider nicht zu reichen gescheint hat. Desweiteren lobten sie die überraus schöne Gegend in der wir zu wohnen das Glück haben. Kein Wunder, denn wie gesagt, die Herrschaften kamen aus Wuppertal. Als ich dann irgendwann der einzige 96er im Abteil war, der felsenfest an einem Sieg am gestrigen Tag geglaubt hat, hatte ich das Kopfschütteln der anderen Reisenden einerseits, den Respekt der WSV'er auf der anderen Seite sicher. "Das ist ein richtiger Fan, nehmt euch an dem ein Beispiel." Das geht runter wie kühles Herri.
In Hannover dann ein recht ereignisloser Marsch bei gutem Wetter zum Stadion, nervende Jung-Bayernfans unterwegs ("Papa, wie weit müssen wir noch laufen?" - "Hört auf zu quengeln, schließlich sind wir nur wegen deinen blöden Bayern hier!"), kurzer Abstecher auf's Oktoberfest und mit meinen sonstigen stadthäger Weggefährten, die ich dort traf, noch ein Herri vom Fass genommen.
Im Stadion dann erstmal standesgemäß zum Zwinger-Club, mich dort ebenso standesgemäß mit den üblichen Verdächtigen getroffen. Zwischendurch geb es beim Bierholen vor mir mal wieder Probleme mit dem Bezahlen, allerdings nicht mit den Dauer-, sondern mit "Arena"-Karten. Höhö.
Im Block dann war die Stimmung prächtig, das Wetter auch, die Leute waren gut drauf, Klinsmann schickte eine Mannschaft auf dem Platz, von der wohl nur er als einziger Überzeugt war, warum auch immer. Es schien also alles angerichtet für die nächsten drei Punkte im Niedersachsenstadion.
Wir sollten nicht enttäuscht werden.
Nach schwacher Anfangsphase kamen unsere Roten immer besser ins Spiel. Huszti mit einem wunderschönen Freistoßtor, in der Folgezeit wurde sich aber nicht mit 10 Mann hinten reingestellt, sondern weiter schöner Kombinationsfußball mit hervorragendem Pressing nach vorne gespielt. Wie Forsell und Schlaudraff die Bayern unter Druck gesetzt haben, so dass sie den Ball am eigenen 16er vertendelten, das war göttlich anzusehen.
Bayern war ein kollektiver Totalausfall, 96 hinten sicher mit Zug nach vorne. Fahrenhorst hat alles, aber auch wirklich alles rausgeköpft was ging. Zudem ein sehr zweikampfsicherer Bastian Schulz, den ich in Dortmund gerne wieder in der Anfangself sehen würde. Huszti leitete mehrere gefährlichen Angriffe ein, kombinierte super mit den beiden Spitzen.
Es lag nicht nur an den Bayern selber, dass sie so desolat waren. Die Roten haben es einfach nicht zugelassen, dass Bayern besser spielt. Das sollte man auch mal bedenken, bevor hier von einer Münchener B-Elf gesprochen wird.
Nach dem Spiel ging's dann in den Courtyard-Biergarten, mit alten Bekannten das Spiel analysiert und gefeiert, bevor man sich dann auflöste. Zum Fanfest ging es dann nicht mehr, zuviel Lernerei liegt heute noch vor mir. Mit Hendrik noch ein gezapftes Weizen im Extrablatt und ab nach Hause. Irgendwie musste ich mir dessen auch erst noch bewusst werden, was wir gestern nach 20 Jahren endlich geschafft haben.