Super interessante Frage, auch mal zur Selbstreflexion.
Was bedeutet mir Fußball?
Ich habe nie Fußball im Verein gespielt, lediglich 2 mal die Toto Lotto-Fußballschule mit Mirko Slomka als Trainer besucht und habe dort gelernt, wie man nen Übersteiger macht, den ich beim Freizeitkicken auch heute noch gerne versuche um meinen Gegner madig dastehen zu lassen.
Jaha, Freizeitkicken, eine große Liebe. In der Grundschule waren meine Kumpels eigentlich alle irgendwie rund um den HSC angesiedelt, entweder dort oder bei Fortuna Sachsenross, alternativ auch mal als Handballer, weil sie Fußballnulpen waren.
Das Probetraining habe ich dann auch mitgemacht, aber die Aussage des Vaters eines Freundes von mir, dass ich ohne 2 mal die Woche Training am Wochenende eh nicht spielte, weil sie wert drauf legen, dass man immer beim Training dabei ist und sie notfalls auch mit 8 Leuten spielten, hieß für meine Eltern: "Nö - Fußball nicht beim HSC" - woanders wollte ich nicht und so fing ich, Jahrgang 1986, 1993 damit an, Rugby im Verein zu spielen. Der Sport ist eh viel cooler als Fußball, aber leider nicht so populär.
Aber zurück zum Fußball: 1990 sammelte ich mein erstes Panini-Album und meine Liebe zu Rudi Völler entflammte - keine Ahnung warum, aber ich habe ihn so sehr verehrt, dass meine Mutter mich Rudi nennen musste, damit ich überhaupt reagierte.
1994 besuchte ich mit meinem Vater dann ein 96-Spiel. Gegen Wolfsburg und entgegen meiner bisherigen Annahme, dass wir dieses Spiel verloren, haben wir nach meiner Suche wohl 2:0 gewonnen. Wer jetzt aufmerksam mitgelesen hat, sah, dass das mein erster Kontakt mit den Roten im Niedersachsenstadion war.
14 Tage später, sah ich dann mein Idol, Rudi himself, live gegen Irland. Aber Deutschland verlor 2:0 - meine Güte hab ich geheult.
Die WM habe ich dann auch am Bildschirm verfolgt...
Im selben Jahr wechselte Rudi dann nach Leverkusen und ich war Fan einer Werkself... Diese Liebe hielt aber trotz eines spektakulären Fernschuss-Tores von Bernd Schuster nicht lange und so wurde ich im folgenden Jahr entgegen meines Grundschulklassentrends nicht Dortmund sondern Bremen-Fan. Mario Basler, Marco Bode, Dieter Eilts und Andreas Herzog zogen mich einfach mehr in ihren Bann, als die komischen schwarz-gelben.
In dieser Zeit nutzte ich immer häufiger mit meinem Vater die "Vater-Kind-Karte" für 15 DM. Da mein Papa einen der Ordner kannte, saßen wir immer Westtribüne Oberrang obwohl die Karte nur für den Unterrang gedacht war. Man war diese Illegalität spannend.
Diese Zeit war es auch, wo ich anfing, Becher zu sammeln um mir 96 Aufnäher für meine Weste kaufen zu können. 10 Pfennig pro Becher. Der größte Erfolg lag bei einem Freundschaftsspiel gegen Werder bei 15 DM.
Am 19.5.1996 stand ich dann das erste Mal in H31. Es gab Karten für 5 DM und wir guckten uns den Abstieg an. Unterhaching gewann 3:1 und die Fans sangen: "Alles alles geht vorbei, doch wir bleiben treu".
Das hat mich irgendwie berührt. Die Regionalligazeit über nutzten mein Vater (ursprünglich übrigens Stadionbesucher und Fan der blau-gelben um Paul Breitner) und ich wieder die Vater-Sohn-Karte.
Irgendwann hatte ich dann aber einen Kumpel der immer in H31 ging. Das war so ab 2000, wo ich ihn dahin regelmäßig begleitete. Bis, ja bis mein Sparbuch alle war, ich mir keine Spiele mehr leisten konnte und 96 in der Folgezeit aufstieg.
Da war ich ziemlich patzig und wollte nicht mehr Fußball gucken. Hat mich auch nicht wirklich interessiert. Bis zur WM 2006. Da hats mich richtig fies erwischt. Ob es damit zusammehing, dass ich im Rahmen der Vorbereitungen der WM an einer Feuerwehrübung teilnahm und dann eine Karte fürs 1:1 gegen Bielefeld für S irgendwas geschenkt bekam? Oder danach von einem Bekannten noch 2 mal Karten (Dortmund und Leverkusen) für S irgendwas bekam? Ich saß in meiner Kutte genau vor des Gegners Fanblock und blickte sehnsüchtig in den Norden. Da war es wieder, das war das, warum ich hier früher so viel Geld gelassen habe.
Ende 2006 war ich dann mit einer Ausbildungskollegin im Stadion und die Rückrunde über kaufte ich mir immer Tagestickets, im Nachhinein hätte sich eine Rückrundendauerkarte gelohnt.
Im Folgejahr kaufte ich mir dann ne Dauerkarte und so stehe ich jetzt glücklich in N4, auch wenn mich viele meiner Mitmenschen in dem Block verärgern oder ich mich mit ihnen aufgepusht anlege.
Diese Vorfreude vor dem Spiel, dieses Einsingen morgens unter der Dusche und mit Stolz zum Stadion schreiten. Diese Solidarität untereinander ist das, was mich letztendlich dazu bewegt, mir dieses Phänomen 96 immer wieder anzutun, auch wenn es Spiele gibt, nach denen mein Wochenende komplett versaut ist. Andererseits gibt es Spiele, wie das gegen Bayern im letzten September, von denen man ganz lange zehrt. Das war grandios. Da will ich mitmachen.
Ein Lied, was ich da sehr treffend finde ist "Fußball ist immernoch wichtig" von Fettes Brot.
Es gibt gute Zeiten und es gibt schlechte Zeiten. Fußballlose Zeiten sind schlechte Zeiten!
_________________ Steven Cherundolo: "Wenn man das Wetter, das Meer und den Strand weglässt, ist es dasselbe, nur ein bisschen besser, weil es nicht so groß ist wie San Diego. [...] Hannover ist wie eine Familie. Manche nennen es ein Dorf, ich nenne es Familie."
|