Proviant, es geht mir nicht um "Chancen" zu irgendwas. Mich hat diese Debatte gepackt und ich habe viel Zeit (Lesen, Recherche, Telefonieren) investiert, um "Licht" in die Sache zu bringen und um mir eine Meinung bilden zu können, die jenseits meiner liebevoll gepflegten Vorurteile liegt.
Nur wenn ich sie habe (die Vorurteile), dann hat jeder andere das gleiche Recht auf die seinen.
Leider kann man auf dieser gemeinsamen Grundlage nur schwer sinnhaltig debattieren, wie sich immer wieder zeigt.
Vorurteile bekämpft man am besten erstmal bei sich selbst und da hilft ein kühler Kopf - und Informationen.
Manchmal hilft auch ein Blick zurück. Bei mir war es so. Als ich (sehr) jung war, habe ich selbst gern mit Feuerwerkszeug rumgezündelt. Zwar nie im Niedersachsenstadion oder im Waldstadion der SG Bredenbeck, aber ansonsten immer gern, wenn sich die Gelegenheit bot. - Und ich habe dabei bestimmt 'ne Menge Spiesser, wie ich nun mittlerweile selbst einer bin, schwer verärgert...
Mittlerweile mag ich dieses Zeugs nicht mehr. Ist ja kein Wunder, ich bin Hundehalter.
Da aber Hunde im Stadion eh' verboten sind, entfällt für mich diese Begründung.
Alle anderen Fragen kann man sachlich angehen und auf sicher Lösungen finden. Ist nur die Frage, ob dies wirklich gewünscht ist? - Und diese Frage, soweit bin ich zur Zeit, kann man getrost an beide Seiten richten. Denn:
Ich gehe jede Wette, dass sowohl Martin Kind und seine Mit-Präsis sowie DFB/DFL wissen, Pyros, insbesondere Bengalos, sind genehmigungsfähig, wenn der Verein die Sache unter seine "Fittiche" nimmt und alles organisiert und überwacht.
Gleichzeitig gehe ich jede Wette, dass die Pyro-Szene genau diesen kontrollierten und überwachten Vorgang so nicht will, weil dann die "Spontaneität" verloren geht (und weil nur selbst zündeln wirklich Spass macht, wie ich mich erinnere

). Möglicherweise wissen sie dass aufgrund der Erfahrungen der Chemnitzer Initiative (die wollte eine Einlauf- und Schlußchoreo mit Bengalos auf dem Feld und hat das auch behördlich genehmigt gekriegt; vermutlich weil der Verein die Schirmherrschaft übernahm - letzteres weiß ich aber nicht genau).
Es wäre ein Anfang gewesen. Und der nächste Schritt (nach einiger Zeit des Gewöhnens) hätte der Einsatz von Pyros im Block, in einem abgesperrten Bereich, sein können.
Irgendwie werde ich den Verdacht nicht los, dass beide Seiten - aus unterschiedlichen Gründen - dies nicht woll(t)en.
Beide Standpunkte halte ich für ausgesprochen unklug.
Vonseiten der Offiziellen halte ich es für ausgesprochen dämlich, weil sie eine weitere Eskalation billigend in Kauf nehmen und damit auch das Gefährdungspotential der Bengalos voll ausschöpfen. - Kommt es zu schweren Verletzungen, dann trägt nicht nur der "Täter" sondern auch die andere Seite erhebliche Verantwortung. Meine Meinung.
Vonseiten der Ultras halte ich für dämlich, stumpf auf Maximalforderungen zu beharren. Ferner stört mich die schlechte Informationspolitik und das kaum erkennbare Bemühen, die Angelegenheit im Rahmen der Rechtsordnung voran zu bringen. - Hier frage ich mich echt, wofür die Anwälte haben?
Vermutlich nur zum Abkassieren von Gebührenrechnungen... eine bißchen strategische Beratung sollte aber schon sein, wie ich finde.
Wir wissen nicht erst seit heute, dass diverse Gesetze, Ausführungsverordnungen und Stadionverordnungen gegen den Einsatz von Pyrotechnik im Stadion stehen. Wir wissen aber auch, dass Ausnahmeregelungen möglich sind. Daher ist der erste Schritt der Gang zur Behörde, um zu klären unter welchen Voraussetzungen sie möglich wäre.
Ist man (die Szene) bereit diese zu erfüllen, dann führt der nächste Schritt zum Betreiber des Stadions und zum Veranstalter (in Hannover heißt das: zu Martin Kind). Wird hier eine Einigung erreicht, dann kommt DFB/DFL dran. Das ist die Reihenfolge.
Im jetzigen Stadium der Angelegenheit auf DFB/DFL rumzuhacken, ist mir persönlich zu primitiv. Die können doch völlig zu recht auf Gesetze und Verordnungen verweisen. Erst wenn man ihnen dieses Argument aus der Hand schlägt, müssen sie die Hosen runterlassen... - Allerdings, und dieser Einwand ist richtig - haben sie der Chemnitzer Initiative den behördlich genehmigten und vom Verein gewünschten Einsatz von Bengalos untersagt. Vermutlich wollte man keinen Präzedenzfall schaffen. Das war aus meiner Sicht unklug und nährte natürlich auch das Mißtrauen in der Szene, welche dann wiederum die Maximalforderung "Pyros im Block" nachschob, was DFB/DFL erst recht einen Anlaß zur Ablehnung gab.
Ein blödes Spiel von beiden Seiten. Man fragt sich echt, wer da noch Herr seiner Sinne ist.
Es wäre doch für uns Forumianer hilfreich, finde ich, wenn alle Diskutanten den skizzierten Weg (zur Legalität) so anerkennen würden. - Macht dann vieles einfacher. Wir wären weg vom unbedingten Dafür oder Dagegen und vielmehr hin zu einem Ok, wenn's machbar ist. Dann könnten wir gemeinsam die Protagonisten an ihren Taten messen.
Ach ja. Und bis dahin ist illegales Zündeln natürlich strikt abzulehnen, da bleibe ich meiner Sozialisation zum Spiesser treu.
