♪♫ Hannover ist viel schöner als Madrid…♫…so sangen die Fans nach dem Gegentor kurz vor dem Abpfiff. Ob’s stimmt, haben wir in drei Tagen versucht, herauszufinden.
„Wir“ sind B&B Tours in Fast-Stammbesetzung: Bemeh, der Alte96er, MarVin, Brandy-Andy und ich als Geheimwaffe für Charmeoffensive, Übersetzungen, Navigationssystem und was man sonst noch so braucht. El Filigrano haben wir dieses Mal zuhause lassen müssen. In Gedanken war er natürlich dabei und es wurde manche Cerveza auf sein Wohl geleert. Eine Standleitung zur Heimatfront zu haben, war allerdings auch mal ganz schön.
Ich sage nichts zu den vielen Unsicherheiten im Vorfeld – es gab ja bereits den Liveticker von Herrn Filigrano. Wir hatten Flüge für Donnerstagmorgen gebucht und uns trotz der Unsicherheit angesichts des Streiks dazu entschieden, auf Risiko zu gehen. Für Plan B war allerdings in unserem Kühlschrank alles vorhanden, um bei einer spontanen Tapas-Schlacht das Spiel im heimischen Wohnzimmer zu erleben. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an alle Kollegen, Freunde und Familie, die mitgefiebert haben, ob’s auch klappt!
Unser eigentlicher Reisebericht beginnt also in dem Moment, als wir an der Hotelrezeption das erste Bier auf spanischem Boden probieren und vom Taxifahrer angesprochen werden, ob wir in die Stadt wollen. Es gibt eine kurze Diskussion, denn eigentlich dürfen nur vier ins Taxi. Brandy-Andy legt sich kurzerhand in den Kofferraum, das überzeugt den Taxifahrer: wir dürfen auch zu fünft mitfahren – ganz offiziell auf der Rückbank. Geht auch auf dem Rückweg, allerdings erst im zweiten Versuch und nach Einsatz von geballter Charmeoffensive.
In Hannover gäbe es Großraumtaxis.
Für den Transfer: Punkt für Hannover
Für flexible Taxifahrer: Punkt für MadridAlso auf zur Plaza Santa Ana. Wir begrüßen kurz 1893 und entern dann eine Tapasbar in der Nebenstrasse. Hektisches Wühlen in der Tiefkühltruhe hinter unserem Tisch – von 5 bestellten Paellas können nur drei serviert werden. Auf den Tisch kommen kurzerhand Schinken, Chorizo, Oliven, Käse und Brot – unser Grundnahrungsmittel für die nächsten drei Tage. Und drei Paellas, auf 5 Leute aufgeteilt. Dazu Cerveza. Wir erstellen eine flächendeckende Studie der Bierpreise im Innenstadtbereich.
Für die Verpflegung: Klarer Punkt für MadridSatt, warm und trocken machen wir uns auf den Weg ins Stadion - mit einem kleinen Zwischenstop an der Plaza Mayor bei Tanne und dem Jugendlichen, die ganz alleine über einem Krug Sangría vor sich hin sinnieren. Später kommt noch Daniel . dazu. Vor dem Stadion begegnen uns Erdbeere und Roplo, im Stadion eine Chorkollegin mit Anhang.
Die Spannung steigt, ein mitreißendes Spiel erwartet uns, und wie schön, dass der Siegtreffer, wenn er denn fallen muss, erst in der letzten Minute fällt – so lässt es sich im Stadion doch viel besser anfeuern und freuen. In der Cerveceria neben dem Stadion feiern nach dem Spiel bereits die Madrileños. Wir feiern mit, fachsimpeln und erhalten noch wertvolle Tipps für die nächsten zwei Tage in Madrid.
Für die Fans: je ein Punkt für Hannover und Madrid
Am nächsten Tag geht es zunächst wieder zur Plaza Mayor, dem Lieblings-Hangout von Tanne & Co. Erste Sangría. Tanne empfiehlt die Hop on-Hop off Touritour, wir entscheiden uns aber, auf eigene Faust zu entdecken und gehen davon aus, den Königspalast auch alleine zu finden. Die Sonne scheint, 25° sind es mindestens. Wir genießen. Die Heimatfront meldet 9° und Regen.
Für das Wetter: Deutlicher Punkt an MadridDurch das Altstadtviertel La Latina geht’s erst zur San Francisco-Kirche, denn mindestens eine Kirche muß ich angucken, das bin ich meiner Mutter schuldig….
Die Jungs halten eine kleine Siesta in der Sonne. Ich freue mich an der wunderschönen ausgemalten Kuppel und den Statuen, die irgendwie alle an Schiedsrichter erinnern. Ein nachdenklicher Trainer ist auch dabei. Vor dort geht’s zum Königspalast, an die Plaza Oriental und um die Ecke finden wir ein kleines Straßencafé mitten im Trubel. Autos rauschen vorbei, wir bewundern die Einparkkünste der Madrileños und Bemeh kann sich nur mühevoll der Avancen einer vorbeikommenden heißblütigen Spanierin erwehren, die allerdings etwa 20 Jahre zu alt für ihn ist und von ihren beiden Begleiterinnen schließlich unter Mühen weggezerrt wird.
Der Tag endet wo er anfing: auf der Plaza Mayor mit Tanne und dem Jugendlichen bei einer großen Tapas-Schlacht. Stimmung und Lautstärke steigen parallel zum Pegel bis irgendwann in Gestalt des legendären Cardenal Mendoza unerwartet die spanische Inquisition zuschlägt.
Weil außer uns keiner mehr da ist: Punkt für die Stimmung an HannoverWeit nach 1:00 Uhr stürmt plötzlich der letzte noch arbeitende Kellner an unseren Tisch und informiert uns, dass die Nachbarn unserer fröhlichen Gesänge wegen die Polizei gerufen hätten und es sei in unserem Interesse, möglichst schnell zu verschwinden. 96 Sekunden später sind wir über die gesamte Plaza verteilt, der Kellner und die Reinigungskraft klatschen sich ab und freuen sich, dass der Trick bei den doofen Touristen immer wieder klappt.
Der nächste "Morgen" beginnt verhalten.
Sehr verhalten.
Aber immerhin: es wartet mit dem Bernabéu-Stadion das große Sightseeing-Highlight. Wir beschließen, das Stadion auf eigene Faust zu entdecken und keine geführte Tour zu buchen. Gleich zu Anfang, beim Panoramablick aus dem Oberrang treffen wir ein paar Jungs aus Norwegen, die gerne ein Gruppenfoto von uns als Doppelhalter mit Fanschal machen. Es sind 96-Fans, sie waren ebenfalls beim Spiel und sind Freunde von Abdellaoue. Es gibt noch ein Gruppenfoto mit den Norwegern „This one’s for Moa“.
Für internationale Fans mit Herz: Punkt für HannoverWir entdecken weiter, schieben Frust beim Anblick der vielen, vielen Pokale von hässlich bis sehr hässlich und immer eindrucksvoll. In Hannover würde man wahrscheinlich nur durch den Saal der Tränen gehen.
Für den sportlichen Erfolg: Punkt für MadridDer Weg geht weiter bis an den Spielfeldrand und darüber hinaus. Wir probieren alles aus: Schalensitze, VIP-Ledersessel, sogar die Trainer- und Auswechselbank. Wir lümmeln auf den bequemen Sitzen von Özil und Co. als plötzlich MarVin aufmerkt: „Ihr glaubt nicht, was ich da sehe“ – also Augen nach oben an die Sitzplatzüberdachung – und die ist voll mit 96-Aufklebern. Selbst die Umkleideräume sind bepflastert.
Für die kreativen Duftmarken: Sonderpunkt für HannoverSoviel Zeit im Stadion, da reicht es nur noch zu einem kurzen Spaziergang über die Gran Via. Wir steigen aus der Metro und halten die Luft an. Die Architektur der Paläste ist atemberaubend (Lärm und Verkehr leider auch).
Für die Architektur: Punkt für MadridMit einem kleinen Überfall in einen Schlachterladen zwecks Erbeutung von Mitbringseln, die weder herumstehen noch vollstauben, beschließen wir unsere Entdeckungsreise. Der Verkäufer packt netterweise eine Flasche Wein mit ein, was wir erst im Hotel so richtig registrieren. Zusammen mit der selbst gekauften und den Resten an Cerveza ist es genug für einen ruhigen Ausklangsabend im Hotelzimmer.
Für freundliche Fleischereifachverkäufer: Punkt für MadridDer Rückweg über Amsterdam verläuft reibungslos und wir schaffen es gerade noch zu einem ganz schnellen Einstimmungsbier im Courtyard. Der Heimsieg rundet ein wunderbares langes Wochenende ab und macht Lust auf mehr – am nächsten Donnerstag.
Nochmal ein Punkt für sportlichen Erfolg, diesmal an Hannover
Fazit: Knapper Punktsieg für Madrid mit 7:6 – aber es gibt ja auch noch ein Rückspiel. Und dann gewinnen wir.