Was mich besonders stark beeindruckt - heute sagt man geflasht - hat:
Man konnte diese ganzen Truppen, Riegen, Gruppen, Bands,
die in den 60ern förmlich aus dem Boden schossen, meist lediglich via Rundfunk geniessen
und den Eindruck über diverse Fachzeitschriften vertiefen.
Es gab englische Musikzeitschriften, die galten als tougher, als die Bravo.
Musical Express, Melody Maker, Record Retailer und Rave sind mir in Erinnerung.
Wenn verfügbar, habe ich die gebunkert und gesammelt.
60er-Jahre , Schwarz/Weiss Fernsehen, nicht in jedem Haushalt stand so'n Teil.
Also weiter vor der Mono-Quäke kauern und versuchen den englischen BFBS scharf zu kriegen.
Top Twenty war meine absolute Lieblingsstunde, immer Samstag um 23:00,
Sonntag drauf um 17:00 die Wiederholung.
Dort gab es Neuvorstellungen - Tip for the Top -
überhaupt die waren richtig aktuell, die Tommys - Elfer könn'n se nich, aber Popmusic.
Herrlich, hatte man diese Show dann auf dem Tonband -
Spulengeräte der Marke Philips, Grundig, Telefunken, Loewe Opta -
dann wusste man: Rock 'n' Roll is King ... und Beat natürlich.
Man war quasi mit dem United Kingdom verbunden, schnell gings auch weiter in die USA.
Ich kenne heute noch etliche Namen von den Sprechern, die nur teilweise originell waren,
aber in die Titel reingequatscht haben sie alle - miese Kollegen.
Da ist so manche Tonbandaufnahme versemmelt worden.
Wir waren damals der Meinung, das es Absicht der Sender war.
Man wollte den Mitschneide-Jüngern in die Suppe göbeln.
Die sollten lieber in die Läden loofen und die Scheiben koofen.
Denkste, heute sind die Bänder Kult, ich habe einige retten können,
außerdem hat man dadurch das Ein-und Ausblenden gelernt und perfektioniert.
Irgendwann musste Westdeutschland sich dem irren Spuk,
der da aus England rüber schwappte stellen. Man hatte da einen bei Radio Bremen
mit dem putzigen Namen Michael Leckebusch.
Mike Leckebusch erfand den legendären Beat-Club,
die erste Musiksendung für Jugendliche im deutschen Fernsehen -
tja, die Bühne war angerichtet und durchs Programm führte die schrille Uschi Nerke...
Für die Experten, auch ein schräger Engländer Dave Lee Travis hatte skurille Auftritte,
der bereits bekannte Dave Dee war temporär dabei.
Abgelöst wurde der Beat-Club vom Musikladen, den Uschi Nerke und Manfred Sexauer schmissen.
Der Macher der swingenden Sause, erneut Mike Leckebusch, den inzwischen nicht wenige,
den Pop-Papst des deutschen Fernsehens nennen
Plötzlich wusste man, zwar in schwarz/weiß, aber immerhin,
wie die Small Faces ausssahen, wer Arthur Brown war, Scott McKenzie,
die Walker Brothers, Otis Redding, the Who und Jimmy Hendrix
und der ganze Rest der coolen Gang,
die inzwischen alle von Beat-Musik-Kuchen naschen wollten.
Gab auch Mädels in der Branche, z.B.:
Janis Joplin, P.P. Arnold, Miriam Makeba, Chi Coltraine, Marsha Hunt, Sandy Shaw, Lulu and more
Für mich war das ne ganz besondere Zeit, für manche Bands dagegen eher eine kurze Episode.
Es gab sogenannte One Hit Wonder, danach gings wieder auf den LKW,
oder auf einen andern Bock.
Manche damaligen Weltstars, die man tatsächlich nur vom Bildschirm,
oder aus der Zeitung kannte, retteten sich vor der Versenkung, indem sie tingelten.
Gruppen, wie:
the Searchers, Troogs, Equals, Tremeloes, Hollies, Kinks, Turtles,
D.Dee,DBM&T., Marmelade, und, und, und, habe ich alle in Hannover live erlebt.
Stichwort u.a. der Flohzirkus am Hohen Ufer.
Das war schon gigantisch, sehr speziel: man kannte diese Stars bisher nur aus der Entfernung
und in homöopathischer Dosis - plötzlich hexen die 5 Meter vor einem rum
und so mancher stand mit uns danach auch noch am Tresen.
Warum ich das schreibe ?
Weil es mich immer noch antörnt, welche Extreme man auch damals erleben durfte.
Alles war erstmalig, die Beatwelle per se, Beatlemania, überhaupt diese neue Richtung,
die ne ganze Generation beeindruckte, ja verzauberte.
The Golden Sixties, nicht ich habe diesen Begriff erfunden, aber diese Ära genossen.
Besonders irre, die 70er standen dem ja in nichts nach, im Gegenteil,
da wurde noch mal richtig Gas gegeben.
Schon zu der eh schon toffen Musik, wurde jetzt auch noch die freie Liebe eingeführt.
Heidewitzka, für so manchen ein Rhythmus, wo er gern mit muss.
Ok, es wurde niemand gezwungen sich da einzuklinken,
aber ich kenn jetzt aus dem Stehgreif auch nur wenige, die das haben sausen lassen.
Nun will ich um Gottes Willen nicht die 80er verschlappern.
Da waren die tollen Gigs im Niedersachsenstadion,
hab so einige Events erlebt und zehre heute noch davon.
Überhaupt ist es aus meiner Sicht das Jahrzehnt mit jeder Menge Hits,
tolle Bands und klasse Mucke. Kann man heute noch gut hören.
Schaut man sich inzwischen unsere kranke, teilweise schon kaputte Welt an,
passieren bei mir zwei Dinge:
Dankbarkeit rückt in den Vordergrund, gepaart mit Wehmut.
Danke für die zig unbeschwerten Stunden, wo allein die Klänge einen high machten.
Etwas dazu war bei mir gar nicht von Nöten - ok, zwischen Leber und Milz ging schon damals'n Pils.
Wehmut, weil der Mensch an sich ein ziemlich großes Arschloch ist,
und den Hals nicht voll genug bekommt.
Wo das enden könnte dürfte inzwischen immer mehr Leuten klar werden.
Leute meiner Generation und gern danach - also nach dem zweiten Weltkrieg geboren,
sollten es zu schätzen wissen,
dass ihnen bisher große Sorgen und Ängste erspart geblieben sind.
Ich fürchte der Wind hat sich bereits gedreht.