Es wird grandios!Der tabellarische Ozean liegt unruhig in der Nacht. Der Wind weht und sorgt für einen unruhigen Wellengang. Gischt spritzt auf. Es stürmt. Vor dem fahlen Mondlicht huschen dunkle Wolkenfetzen vorbei. Inmitten dieser rauen Umgebung zieht dort unten eine einsame Galeere ihre Bahn durch das unruhige Fahrwasser. Regen prasselt auf das verwitterte Deck. Die Ruder im Unterdeck tauchen in erschreckend schlechter Abstimmung in den Ozean hinein. Manche Ruder erreichen den Ozean gar nicht oder verhaken sich mit einem anderen Ruder. An Deck ragt ein hoher Turm hoch hinaus in den dunklen Nachthimmel. Der Ausguck ist nur schemenhaft in der düsteren Ferne zu erkennen. Für die Mannschaft im Unterdeck nicht sichtbar und so weit weg wie ein Tabellenführer. Dort oben sitzt, wie im Stromsparmodus befindlich, ein einsamer Mann. Doch ganz plötzlich aktiviert er seine Vitalkräfte. Nervös wedelt er hektisch mit seinen Armen.
„Käpt‘n, Käpt‘n! La-La-La-Lalaland in Sicht! Das muss ‘egensburg sein!“, ruft er nach unten zu einem an Deck stehenden Mann.
Dieser reagiert blitzschnell: „Steuer hart Backbord!“, ruft der Mann mit dem Iglo-Käppi dem streng nach ISANA-Aromadusche duftenden Busfahrer zu, der an Bord ein einwöchiges Schülerpraktikum auf der „Raute“, einer unterklassigen, in die Jahre gekommenen und schwer abgetakelten Galeere, absolviert. Der Iglo-Mann beißt herzhaft in ein veganes Knusperfischstäbchen von der vertrauten Nawattnu-Kombüse. Er steht breitbeinig auf den nassen Planken der sogenannten Leitl-Brücke des mit Farbrollern in leuchtendes Rot gewalzten Bootes und hält ein Mikrofon in seiner Hand. Kauend hebt er an um zu seiner Crew zu sprechen, die sich im Unterdeck befindet und völlig verunsichert um den Klassenerhalt rudert.
Ein hochfrequentes Pfeifen, begleitet von einem furzähnlichen Knarzen dringt schließlich im Unterdeck durch die nachlässig an den Bootsplanken montierten Lautsprecher aus der Rossmann Ideenwelt.
„Krächz… Achtung, Achtung Plopp… und ja Servus miteinand, liebe Leitl! I bin’s, euer Leitl Stefan. Ihr kennt’s abba auch Käpt‘n sogn, des Maggi a! Frrrruntz….“, krächzt es aus der Membrane.
Der Käpt‘n hält einen Augenblick verdutzt inne.
„Jo mei, so sprech i doch garnet nicht, zefix! Wer denkt sich so a Blödsinn eigentli aus! Des is bestimmt dieser dreckater dokl aus’m Forum. Den Saupreis hob i doch auf die Iknorr-Listn gsetzt. Der hots ja gor koane Ahnung vom Fußball net, des oide Spotznhian! Des hobn die andern aus’m Forum auch scho spitzkriagt. Den Schund konnst ja gornet lesn net, luja sogi!“
Das Mikro sendet ein unheimliches synthetisch erzeugtes Rülpsgeräusch in die kurze Spechpause.
Leitl betrachtet derweil nachdenklich sein angebissenes Fischstäbchen.
„Pfui deibel, die Dinga schmeckats no zusammagefegta Ranznrotzschrottlzeigs vom Oktoberfestrinnstein, luja sogi!“
Im Unterdeck sitzt die völlig verunsicherte Mannschaft und schaut ehrfürchtig zu den Lautsprechern auf. Sie alle halten inne und lauschen dem Knistern, Rülpsen, Furzen und Gurgeln.
„Buam! Fröööölmmm….“, tönt es aus den Lautsprechern „wenn ihr gwinna woit, dann hauts eich in die Raute. Regnsbuarg lieg ganz obi. Mir san noch im Tiefland. So woin… Moment a Moi! Grllllptztfzzz…..“
„Sog amoi du Depp,“ zischt mich Stefan an „konnst des dammische Gschreibsl bitte lassa? I werd die dann a von die Iknorr-Listn nemma. Und los des Furza sein!“
Stefan Leitl räuspert sich: „So, das hätte ich geklärt. Also, liebe Leute. Ich erwarte einen Kampf in Regensburg und die drei Punkt…“
„Käpt’n, Käpt’n!“ brüllt plötzlich eine Stimme dazwischen. Es ist der Mann vom Ausguck. Wi' spielen in Niede'sachsen! Wieso schippe‘n wi‘ hie‘ ’um?“
Eine bleierne Stille legt sich über ratlose und geschundene Galeerengesichter. Eine Mischung aus Unverständnis, Verzweiflung und Wut macht sich breit. Man war doch so gut aufgestellt und jetzt schaut man verwundert auf die verhedderten Paddel. Man hat sich umsonst auf eine lange und hoffnungsvolle Reise begeben. Glückseligkeit und ekstatische Frohlockung wurden erwartet und nun sitzt man untermalt mit einem Soundteppich aus diversen Verdaungsgeräuschen wider Erwarten geschunden, geknechtet und gut bezahlt unter Deck und rudert erneut um das nackerte Überleben. Sollten am Ende alle Anstrengungen vergebens sein? Würde es womöglich wieder zu einem Wechsel auf der Brücke kommen. So manchem schauderte es bei dem Gedanken. Würde in einem solchen Fall möglicherweise wieder ein Mann mit Pornobalken das Zepter an der Seitenlinie schwingen? Wie sollte es weitergehen?
„Äh Käpt’n, kann es sein, dass wir bei der Rautenplanung fehlgeleitlt worden sind?“ fragt Ron Ruder Zieler ganz schüchtern in die Stille hinein.
Leitl schaut nachdenklich drein. Er ist sprachlos.
„Ohne ’oute keine Punkte“, stammelt es von oben, „aber ’egensburg ist t’otzdem schön!“
Leitl überlegt kurz: „Sollen wir beidrehen?“, fragt er sich rautlos. Doch dann trifft er eine Entscheidung.
Und so setzt die völlig orientierungslose Crew auch an diesem Wochenende ihre Irrfahrt weiter durch alle denkbaren Untiefen im gefährlichen tabellarischen Ozean fort. Das Ziel ist die Stadt, die niemals schläft: Und nein, es ist nicht Lutetia, beim Teutates!
Luía sogi!
Wie gesagt: Es wird grandios! 