der kleine HSV schlingert.
das ganze ausmass spiegelt dieser kleine ausschnitt aus einem gestrigen Veh interview wieder:
Zitat:
MOPO: Beeinflusst die Wahl auch Ihre persönlichen Pläne?
Veh: Es werden vier neue Aufsichtsräte gewählt. Vielleicht kommt dann einer ins Präsidium, den ich nicht kenne, mit dem ich vielleicht gar nicht zusammenarbeiten will. Planungssicherheit ist elementar – für den Verein und für mich.
was ist los?
der HSV hat 12 aufsichtsratposten. davon stehen am 09.01 vier (nicht etwa alle) zur wahl. seit ein paar wochen ist wahlkampf in hamburg. täglich sind die zeitungen voll davon, und jeder kanditat versucht sich in ein gutes licht zu stellen. dabei wird natürlich auch viel schmutz gewaschen. der hohepunkt dieser unsäglichen posse stellte wohl die heutige elefantenrunde live auf NDR dar. 4 altpräsidenten (Dr. Peter Krohn, Dr. Wolfgang Klein, Jürgen Hunke, Ronald Wulff), und der aktuelle vorstandsvorsitzende Bernd Hoffmann.
um die belange des vereins, etwa die momentan schwierige lage und wege in die zukunft, ging es dabei wenig. es versuchte sich jeder ins rechte licht zu setzen, wie man es auch aus politikerrunden nur zu gut kennt. und wie im politischem wahlkampf scheint auch der HSV momentan handlungsunfähig, weil keiner eine falsche entscheidung treffen will.
nun kommt Veh (siehe oben) und sagt sinngemäß, wenn ihm einer der neuen vorstände (von insgesamt 12) nicht in den kram passt, weiss er nicht, ob er weiter für den HSV arbeiten wolle. uff - das muß man mal auf der zunge zergehen lassen.
natürlich hat Veh da auch besonders einen kandidaten im auge, denn im wahlkampf kam natürlich auch kritik an seiner person auf. jetzt droht also der trainer "wenn der und der gewählt wird, dann höre ich wohl auf". abgesehen von der armseeligkeit Vehs zeigt dies aber auch herrlich das sturkturproblem der Hamburger vereinsführung auf - denn es werden ja nicht auf einmal alle 12 sitze vergeben, sondern eben nur 4, was in häufigen wahlen mit ebensolchen wahlkämpfen mündet.
das eigentliche problem ist aber die größe dieses gremiums an sich. die trägheit dieses gremiums war schon in der neubesetzung des sportdirektorpostens nach dem abgang von Dietmar Beiersdorfers zu bewundern. haben sie ein jahr gebraucht, oder sogar anderthalb jahre? letztendlich wurde es Bastian Reinhardt, mit dem wohl anfangs keiner richtig glücklich gewesen wäre. aber welch posse ging dem voraus? - lange passierte gar nichts, dann stand Urs Siegenthaler praktisch fest (mit dem kleinen haken, dass er dann doch mit jogi löw für den DFB weiterarbeiten durfte). aber selbst um Siegenthaler gab es ewig langes gezerre, ob er nun einen vorstandsposten bekleiden solle, oder nicht. das obskure dabei, Siegenthaler wollte soch einen posten gar nicht, mußte überredet werden sich bereitzustellen sich zur wahl zu verfügung zu stellen, bevor der aufsichtsrat dann doch entschied, das der sportdirektor doch lieber untergegliedert bleiben solle. dann kam alles ganz anders: die deutsche nationalelf spielte eine gute WM, und siegenthaler zeigte dem HSV die lange nase. neue namen kamen ins spiel, alles wenig renomierte namen, und es wurde letztendlich bastian reinhard, der eigentlich bei siegenthaler in die lehre gehen sollte.
ich behaupte, dass dieses lange gezerre den vereinsinternen politischen auseinandersetzungen geschuldet ist - dem riesigen aufsichtsrat. zu Hoffmann kann man geteilter meinung sein, aber er hat auch keine einfachen bedingungen überhaupt eine entscheidung durchzusetzen. letztendlich ist er der einzig starke mann im verein, aber sein vertrag will auch verlängert werden, und er muß dafür mehrheiten finden - nicht einfach.
würde es sportlich besser laufen, dann wäre dies alles wohl überhaupt kein problem und nicht der rede wert. aber es läuft ja nun nicht, und nichts passiert - schon seit beierdorfers abgang. das hat dazu geführt, das erst viel zu lange kein sprotdirektor da war, und jetzt ein schwacher. und für mich sind diesem in der folge auch die beiden trainer fehlgriffe Labbadia und Veh geschuldet - darüber läßt sich natürlich streiten.
aber zumindest bei Veh bin ich mir sicher, dass eine handlungsfähige führung vor der wintervorbereitung diesen trainer entlassen hätte. der mann hat sich doch längst untragbar gemacht. "ich mache erstmal urlaub, dann entscheide ich, ob ich weitermache"; ich bin über 20 jahre trainer und fast 50 jahre alt, ich weiss wie der hase läuft und noch viel mehr, undhabe das alles eigentlich gar nicht mehr nötig;..." - solche aussagen gibt es zu hauf, von seinem training, seinen aufstellungen, und dem zustand der mannschaft mal ganz abgesehen.
der HSV rennt da momentan sehenden auges ins offene messer, weil er zerrissen ist, weil er keine entscheidungen treffen kann.
der verein hat keine linie, kein konzept, was er den trainern vorsetzen kann, und auch von diesen einfordert. da reichen arrogante, ja selbstherrliche schönsprecher um den klaren blick auf die sportliche bilanz zu verschleiern. eine zukunftsaussicht hat keiner zu bieten, auch Hoffmann heute nicht. auf das ziel für die nächsten 3 jahre angesprochen fiel im die worthülse "in der champions lige spielen" ein. aber auch er wollte/konnte nicht aufzeigen, wie dieses ziel zu erreichen sei. das publikum fühlt sich in der momatnen lage, mit solchen aussagen, nicht gut aufgehoben.
der blick wird höchstens in die vergangenheit gewand. das beispiel Sidney Sam wird bemüht, ein talent, das beim HSV nicht ganz unproblematisch war, und nun anderswo groß eingeschlagen ist. dies aber als vorwurf an vergange entscheidungsträger, und nicht um daraus für die zukunft zu lernen - und da gäbe es durchaus ansatzpunkte.
dem HSV kostet der betrieb des vorhandenen nachwuchsleistungszenrums pro jahr 5 millionen € - der ertrag ist gleich null. das liegt eben auch am jetzigem (und dem vorherigen) trainer, welche dem ruf nach schon auf erfahrene spieler setzen. hoffmann wollte klopp, hat ihn aber nicht durchbekommen.
hamburg streitet sich momentan, ob sportliche kompetenz im aufsichtsrat eine größere rolle spielen soll. bisher sitzen dort mit großer mehrheit kühle rechner, wie es dem hamburger kaufmann gut zu gesicht steht. und eigentlich spräche da auch nichts gegen, wenn die werten herren denn wirklich keinen einfluss auf die sportlichen geschicke hätte. haben sie offiziell ja auch nicht, selbst hoffmann bestreitet dies der tage von sich - aber in der praxis sieht das anders aus. sonst wäre klopp wohl heute hamburgs trainer, und eine junge frische mannschaft würde von woche zu woche reichlich punkte einfahren. der hamburger kaufmann muß aber etwas in der hand halten können. Felix Magath, dem Hoffmann wohl auch wollte, hätte die kaufmänner vielleicht noch zähneknischend geduldet, aber das passte terminlich nicht. Ein typ wie Klopp konnte bei ihnen zumindest nicht landen, dessen zeugnisse reichten nicht aus, und wirkte wohl auch zu wenig seriös. vielleicht kann dutt es mal werden, tuchel sicher in näherer zukunft mit sicherheit nicht.
halbes fazit:
der aufsichtsrat müßte von 12 auf höchsten 6 personen verkleinert werden, welche zum gleichem zeitpunkt zur wahl stehen - sonst bleibt das vorhandene vakuum, und es besteht keine handlungsfähigkeit.
Hoffmann wird weitermachen, da er als einziger überhaupt ein profil aufweist, und sich keine allianz gegen ihn abzeichnet. dabei finde ich seine leistung recht durchwachsen. der lange schwebezustand nach Beiersdorfer, wie auch sein abgang überhaupt, ist hauptsächlich ihm anzulasten - und damit begann ja eigentlich erst der wirkliche sportliche mißerfolg. auch der kühne deal - 12,5 (?) millionen für zukünftige transferrechte an 5 spielern ist nicht ganz unkritisch zu betrachten. es gibt noch mehr was nicht so toll lief in letzter zeit, aber Hoffmann hat den HSV erst zu der jetzigen finanziellen blüte geführt. über 140 millionen umsatz waren vor ihm undenkbar, und da sind auch die 20 millionen verbindlichkeiten auf die nächsten 3 jahre kein größeres problem.
dennoch steht der HSV bei nichterreichen eines internationalen platzes vor problemen. einige verträge laufen zum sommer aus. die kassen für neuverpflichtungen sind schlecht gefüllt, und die ambitionierten spieler werden ihrem drang nach erfolg folgen wollen. elia ist quasi das einzige tafelsilber. Reinhardt wird zaubern müssen, und das traue ich ihm nicht zu.
der HSV konnte die ansprüche die letzten jahre schon nicht erfüllen, aber wenn diese rückrunde schlecht läuft droht auch nächste saison mittelmaß. ganz besonders, wenn an den stellschrauben sportmanager und trainer nicht gedreht wird. sie sitzen damit in einem boot mit Werder Bremen und Stuttgart - nur ein bißchen schlimmer, weil Hamburg den ältesten kader der gesamten liga hat. der altersschnitt, der in dieser hinrunde eingesetzten spieler, liegt bei 27,81 jahren. da steht ein umbruch an, auch wenn Frank Rost(37) das bild ein leicht verfälscht.
